Entspannung, Kurzurlaub, abschalten, loslassen: Nicht nur im Winter sind das die Versprechen von Thermalbädern, von denen es über 20 in NRW gibt. Warmes Wasser in ausgewogener Mineralisierung – mehr braucht es eigentlich nicht für den Erholungs- und Regenerationseffekt. Die Atmosphäre ist da nur eine Zutat, die im besten Fall nicht zu sehr ablenken sollte. Eine Auffassung, die Peter Zumthor mit seiner Therme im kleinen Örtchen Vals in Graubünden perfekt umgesetzt hat. Seine klaren, rechtwinkligen Räume aus dem vor Ort abgebauten grüngrauen Quarzit dienen einzig und allein: der Inszenierung des Wassers.
Die Carolus Thermen in Aachen
Der Architekturprofessor Rudolf Wienands, der an der TU München und ETH Zürich lehrte, ist mit seinem Büro Wienands Plan auf Thermen-Architektur spezialisiert. Von Zumthors reduzierter Ästhetik allerdings hält er nur wenig. In NRW zeichnet das Büro für das Kölner Neptun Bad und die Aachener Carolus Thermen verantwortlich. Die wurden 2000 fertiggestellt und erinnern mit ihrer großen, verglasten Badehalle mehr an ein Shoppingzentrum als an einen Ort der Erholung. Schlanke Säulen in aufgemalter Stein-Optik tragen eine baldachinartige Decke. Pflanzen und einige eingestellte Natursteinwände sollen Landschaft suggerieren. Weitere Kulissenarchitektur findet sich in den Badebereichen: Außen gibt es kannelierte Säulen, die ein bisschen auf römische Antike machen. Künstliche Grotten lassen daran denken, in einem Vergnügungspark gelandet zu sein. Gipfel der Geschmacklosigkeit ist die sogenannte Kaskade – ein historisierendes Belvedere, von dem aus das Wasser über Stufen ins Außenbecken plätschert. Eine Ansammlung von architektonischem Kitsch, die jede Entspannung garantiert zunichte macht.
Ein Einzelfall sind die Carolus Thermen keineswegs: Die meisten Bäder-Landschaften sind als Themenparks gestaltet, in die hinter ideenlos zusammengeschusterten Stahl-Glas-Fassaden – gern gewellt, immerhin geht es ja um Wasser – orientalische, tropische oder mediterrane Fake-Architekturen nebeneinander geklotzt werden. Als wären die Besucher mit dem Flieger von einem zum nächsten Kontinent unterwegs und als würden sie zwischendurch den Jetlack im Schwimmbecken ausbaden müssen.
Die VitaSol Therme in Bad Salzuflen

Herrlich entspannt dagegen ist die Atmosphäre in der 2009 vom Stuttgarter Büro 4a Architekten umgebauten VitaSol Therme in Bad Salzuflen. In der klassisch rechtwinkligen Badehalle haben die Architekt*innen eine abgerundete Konstruktion aus Holzlamellen eingezogen, die mehrere Bereiche überspannt, die Akustik leicht dämpft und der Halle einen warmen und intimen Charakter verleiht. Dazu finden sich abgerundete Ecken an gleich mehreren Stellen wieder: in der Form der Einzelbecken. An gemauerten Sitzelementen. In Einbauten, die mit Mosaikkacheln verkleidet wurden und die jeweilige Wassertemperatur anzeigen. Und in den gläsernen Verkleidungen des Dampfbades sowie der Sole-Inhalation. Die klare, reduzierte Ästhetik schafft Vertrauen in die Heilwirkung des Wassers. Und schafft einen Ort, der ohne das sonst übliche exotische Gerümpel vor allem eines vermittelt: Ruhe.