Mit den Warenhäusern begann im 19. Jahrhundert die Zeit der Konsumtempel. Zunächst in Frankreich und England wurde das Einkaufen durch Architektur und die Inszenierung des Angebotes zum kultisch aufgeladenen Erlebnis. Theodor Althoff eröffnete 1904 in Dortmund das erste Warenhaus in Deutschland, das auch eine Lebensmittelabteilung hatte und damit im engeren Sinn ein Warenhaus war – im Gegensatz zum Kaufhaus, das nach der Definition nicht über ein Vollsortiment verfügt. Bereits 1885 hatte Leonhard Tietz ein modernes Kaufhaus nach französischem Vorbild in Wuppertal eröffnet und in der Folge Filialen in Aachen, Köln und Düsseldorf gebaut.
Auch wenn mancherorts die Warenhäuser des beginnenden 20. Jahrhunderts noch stehen, etwa das Carsch-Haus in Düsseldorf oder das Kortum-Haus in Bochum, sind die Konsumtempel von heute Shoppingmalls und -zentren. Am deutlichsten zeigt sich dieser Wandel in Essen, wo das ehemalige Althoff-Kaufhaus abgerissen und durch den »Limbecker Platz« ersetzt wurde. Architektonisch ist das Shoppingzentrum meist eine Chimäre. Die eigentliche Struktur wird von hauseigenen Architektinnen der Projektentwickler entworfen, die Fassadengestaltung in Wettbewerben an externe Gestalterinnen übertragen. Daraus resultiert, dass sich die Innengestaltung oft bis zu den Materialien und Details gleicht und darüber hinaus die Entwürfe alle üblichen Ansprüche an Architektur zu verletzen scheinen. Städtebaulich ignorieren die Gebäude oft historisch gewachsene Strukturen. In der inneren Wegeführung setzen sie eher auf Desorientierung des Kunden, als auf intuitive Erschließung, mit dem Ziel, die räumliche Übersicht gerade so weit einzuschränken, dass die Benutzer*innen sich nicht völlig verloren fühlen, aber durch die labyrinthische Anordnung lange im Gebäude gehalten und an möglichst vielen Geschäften vorbei geführt werden. Wichtige Mittel sind Durchblicke zwischen den Geschossen, die unregelmäßige Anordnung von Brücken und Treppen und absurderweise ein Übermaß an Wegweisern und Hinweisschildern, die jede Übersicht zunichte machen.
Die »Thier-Galerie« in Dortmund
Auch das »Minto« in Mönchengladbach und mehr noch die »Thier-Galerie« in Dortmund machen da keine Ausnahme. Bei den Fassaden unterscheiden sie sich aber grundsätzlich. Der Dortmunder Bau will noch an die große Zeit der Warenhäuser erinnern, zumindest mit seiner vorgesetzten Schaufassade am Westenhellweg. Sie stammt vom ehemaligen Berlet-Haus an dieser Stelle. Zwar wurde die erhaltene historistische Fassade abgerissen, aber das für die Neugestaltung verantwortliche Büro Kaspar Kraemer Architekten aus Köln ließ sie rekonstruieren, freilich nicht im ursprünglichen Sandstein, sondern als Abguss in Roman Zement. Eine Kulissenarchitektur, die durch die bunten Leuchtreklamen der Geschäfte vollends zum Potemkinschen Dorf wird.
Das »Minto« in Mönchengladbach
Die Architekt*innen der Shoppingmalls vergessen allzu oft, dass selbst eine gelungene Fassade durch die massenhafte Außenwerbung schnell zunichte gemacht wird. Deshalb ist der Entwurf, den das Aachener Büro kadawittfeldarchitektur in Mönchengladbach am »Minto« realisierte, so bemerkenswert. Es sind nicht so sehr die Keramiklamellen, die mit ihren elf Farbtönen an die regional typischen Feldbrandklinker erinnern, sondern die Idee, das Volumen nach außen horizontal durch weiße Putzbänder zu gliedern, die Platz für die Schriftzüge der im Zentrum vertretenen Geschäfte und Marken bieten. Erstaunlicherweise konnten die Architektinnen dabei ein einheitliches Schwarz für die Logos durchsetzen, so dass sie sich nahtlos in die Fassadenarchitektur einpassen. So sorgt das »Minto« tatsächlich für etwas Ruhe im sehr heterogenen Stadtbild Mönchengladbachs und könnte beispielhaft für Shoppingcenter-Fassaden sein, die mehr sind als nur Werbedisplays.