Der entscheidende Hinweis kommt recht schnell. Gleich mehrere Figuren verweisen darauf, dass sie Theater spielen, und erinnern so an die Freiheiten, die das Spiel auf der Bühne mit sich bringt. Im Theater gibt es keine festgeschriebenen Identitäten. Jede*r kann in jede Rolle schlüpfen. Wichtig sind nur Respekt und Reflexion, und an beidem fehlt es nicht in Kieran Joels Bühnenadaption von Mithu Sanyals Bestseller »Identitti«.
Für die Studentin und Bloggerin Nivedita bricht eine Welt zusammen, als herauskommt, dass Saraswati, ihre Professorin an der Heinrich-Heine-Universität, als Sarah Vera Thielmann geboren wurde und in Wahrheit weiß ist. Die Enthüllung, dass sie ihre Identität als Person of Color selbst gewählt hat, löst einen Sturm der Entrüstung aus. In dessen Zentrum findet sich auch die unsichere, ständig mit ihrer eigenen Identität als Tochter eines Inders und einer Polin ringende Nivedita wieder, die Cennet Rüya Voss mit großem körperlichem Einsatz spielt.
Kieran Joels Bühnenbearbeitung, deren Text Mithu Sanyal selbst geschrieben hat, setzt noch einmal eine andere Energie als ihre Vorlage frei. Während der Roman seine Geschichte recht gradlinig erzählt, springt die Inszenierung zwischen den Zeiten und Orten hin und her. So wird das oft überdrehte, immer wieder von einem liebevollen Augenzwinkern begleitete Spiel zu einem so amüsanten wie tiefgründigen Plädoyer für einen offeneren, nicht so verbissenen Umgang mit identitätspolitischen Fragen.
18., 25. Dezember, 8. Januar, Schauspielhaus Düsseldorf, www.dhaus.de