Theater vor leeren Rängen, Ausstellungen hinter geschlossenen Türen, Konzerte ohne Applaus… Und immer die Ungewissheit, welche Regeln morgen gelten. Die Kultur hat es schwer in der Pandemie. Denn sie lebt mit und von ihrem Publikum. Wer weitermachen und sich mit seiner Kunst neue Wege in die Öffentlichkeit bahnen will, braucht nicht nur Ideen und Energie, er braucht auch Geld und Know-How.
Das hat die Kunststiftung NRW unter ihrer seit 2019 amtierenden Generalsekretärin Andrea Firmenich früh erkannt und ist schnell aktiv geworden. 2020 bereits hatte die Kunststiftung den ersten Corona-Sonderfonds für Künstler*innen aller Sparten aufgelegt, jetzt im Mai startet sie ein weiteres Programm, das Kulturschaffende und Institutionen unterstützt.
Aber wo ist die Hilfe am nötigsten, und wie kann sie möglichst effektiv und nachhaltig eingesetzt werden? Um dies herauszufinden, kann die Kunststiftung NRW, als größte unabhängige Fördereinrichtung des Landes, auf ihren heißen Draht in die Szene setzen. Seit mehr als 30 Jahren steht sie in engem Austausch mit den Kulturschaffenden Nordrhein-Westfalens. Seit ihrer Gründung im September 1989 hat die Kunststiftung mehr als 4000 Künstler*innen bei der Realisierung ihrer Vorhaben und etwa 8500 Projekte in den Bereichen Literatur, Musik, Performing Arts und Visuelle Kunst gefördert. Das sind Ausstellungen, Festivals und Publikationen, Residenzen und Stipendien, die Produktion künstlerischer Arbeiten oder Experimente mit neuen Aufführungsformaten. Jährlich können über elf Millionen Euro aus den Einnahmen der Klassenlotterie für den Stiftungszweck vergeben werden.
Auch lobt die Kunststiftung NRW prominente Preise aus: Der Straelener Übersetzerpreis etwa würdigt herausragende Leistungen auf dem Gebiet der literarischen Übersetzung und gehört zu den höchstdotierten Literaturpreisen im deutschsprachigen Raum. Der Nam June Paik Award zeichnet medienbasierte künstlerische Arbeiten aus, und mit dem Mauricio Kagel Musikpreis würdigt die Kunststiftung Experimente an den Schnittstellen zwischen Musik, Bild und Performance.
In Zeiten der Pandemie geht es der Kunststiftung NRW nicht nur um rasche finanzielle Hilfe für die gebeutelten Kreativen. Ihre Unterstützung nimmt das Morgen in den Blick. So fragte der erste Sonderfonds unter dem Thema »Begrenzt – Entgrenzt« nach Ideenskizzen für die Zeit nach Corona. Kann aus diesem Schock ein radikales Umdenken in der Gesellschaft entstehen? Welche neuen Realitäten wären vorstellbar? Dazu haben sich über tausend Künstler*innen Gedanken gemacht und Entwürfe eingereicht – 150 davon wurden mit je 4.000 Euro gefördert. »Es ging mehr um ein philosophisches Fragen, zu denen wir die Gedanken der Kulturschaffenden in Erfahrung bringen wollten – wie geht die Welt von Morgen weiter«, so Generalsekretärin Firmenich. »Künstler sind ja oft Vordenker.«
»Künste bewegen« heißt nun die zweite Sonderförderung, die ebenfalls über Corona hinaus in die Zukunft blickt: Dazu stellt die Kunststiftung 2021 neben ihrer üblichen Unterstützung über das Jahr zusätzliche 1,5 Millionen Euro zur Verfügung. So will sie zunächst in erster Linie dabei helfen, geplante Veranstaltungen trotz der Corona-Beschränkungen umzusetzen – ob analog, digital oder hybrid. Akteur*innen in allen Künsten müssten derzeit extrem flexibel sein. Um nur ein Beispiel zu nennen, greift Firmenich das Festival »Theater der Welt« heraus: »Man kann sich kaum vorstellen, wie viele unterschiedliche Öffnungsszenarien dort seit Wochen, ja, Monaten parallel in Planung sind: mit Publikum, mit einer bestimmten Anzahl nur, im Innenraum, im Freien, oder ganz ohne Zuschauer, vor Ort, gestreamt oder live oder beides…«
Und das sei noch nicht alles. Denn bei einer internationalen Veranstaltung wie dieser gehe es ja nicht allein um das Publikum. Sondern auch um Akteure aus anderen Ländern, die möglicherweise nicht anreisen dürften und eventuell per Stream oder in aufgezeichneten digitalen Einblendungen eingebunden werden könnten. Solche, vor allem technisch aufwendigen Lösungen, will die Kunststiftung in den Bereichen der Performing Arts oder der Musik unterstützen.
Doch sollen auch die anderen Künste vom Sonderfonds profitieren. Für die Literaturszene NRWs hält er eine besondere Unterstützung für Autor*innen, Übersetzer*innen und kleinere, selbständige Verlage bereit. Und im Bereich der Bildenden Kunst setzt die Kunststiftung NRW hier mit ihrer Förderung bei den Kunstvereinen im Lande an – genauer bei deren Jahresgaben. Beantragt werden kann ein Betrag von bis zu 25.000 Euro für Künstlerhonorare und Produktionskosten. Am Ende profitieren alle: Die Vereine, die Künstler*innen und die, die eine Jahresgabe erwerben wollen. Firmenich: »Für uns sind Künstler*innen systemrelevant, ihr Gedankengut ist für die Gesellschaft sehr wichtig.«
Um die Folgen der Pandemie aufzufangen, hatte die Kunststiftung NRW das Unterstützungsprogramm»Künste bewegen – Sonderfonds 2021« aufgelegt. Aufgrund der hohen Nachfrage sind dessen Mittel bereits erschöpft.