Wenn die »Grand Snail Tour« vorbeikommt, dann kann auch ein Parkdeck zum Kunstort werden. Die Urbanen Künste Ruhr schmieden gerade Reisepläne für 2025. Einige Akteu*rinnen stehen bereits fest im Tourplan.
Vier sind geschafft, Schermbeck kommt im Dezember noch dran, und für das kommende Jahr hat sich die »Grand Snail Tour« dann wieder 17 Stationen vorgenommen: Von Dorsten über Dortmund bis nach Holzwickede führt 2025 die Schnecken-Reise durchs Revier. Derweil die Urbanen Künste Ruhr fortlaufend am Programm basteln.
Work in Progress, sozusagen. Es wächst und wächst: Hier eine Idee, da ein Motto, dort ein Kooperationspartner vor Ort. In Dorsten will man im Januar etwa mit dem Museum für Fotokopie zusammenarbeiten und unter anderem das Motiv der »Pottblume« groß herausbringen – ihre Silhouette kann auf edles Papier kopiert werden und als Logoersatz auch Textilien zieren. In Vorbereitung ist eine ganze Kollektion, die am mobilen Marktstand in der Altstadt feilgeboten werden soll.
Bei all den Künstler*innen, die das drei Jahre lang durchs Ruhrgebiet wandernde Groß-Event gattungsübergreifend mit Leben füllen, kommt das neue Format offenbar ziemlich gut an. »Die Urbanen Künste Ruhr laden interessante Menschen ein, die sich kritisch progressiv mit der Gesellschaft auseinandersetzen«, so schwärmt Tunay Önder. »Auch dass man sich aus der kunstelitären Bubble herausbewegt und Leute erreichen will, die sonst kaum ins Museum oder Theater gehen, sagt mir total zu.« Tunay Önder wird im Februar nach Marl kommen. Während sie daheim in München auch schon für das Residenztheater gearbeitet hat und gerade ein Stück für das Volkstheater vorbereitet, will sie bei der »Grand Snail Tour« auf dem Kaufland-Parkdeck vom Marler Stern aktiv werden. Geplant ist eine Autolesung – am liebsten wäre Tunay Önder ein getunter BMW als Bühne.
Vorlesen will die umtriebige Soziologin und Kulturschaffende dort aus ihrer neuesten Publikation, die sie selbst als »Sammelsurium von Momenten aus postmigrantischer Perspektive« beschreibt. »Mit viel Humor, Augenzwinkern, wahnwitzigen Ideen, aber auch Provokationen.« Es gehe um Erfahrungen und Beobachtungen, um Gedanken, die sie sich als Tochter einer türkischen Gastarbeiter*innen-Familie in diesem Land macht. So schlägt Tunay Önder beispielsweise eine neue, an die Migrationsgesellschaft angepasste Buchstabiertafel für Deutschland vor: Statt A wie Anton, könnte es schließlich auch Ayse heißen. Beim Lesen wird es nicht bleiben auf dem Parkdeck. Hinzu kommt Musik – nicht im klassischen Sinne, eher ist an kleine Einlagen und Soundfetzen gedacht. »Lärmig« soll es jedenfalls werden, passend zum Motto: »Tunen in Marl«.
Weiter geht es im März mit einer Schreibwerkstatt in Haltern am See und im April mit einer mobilen Minigolfanlage in Oer-Erkenschwick. Ein besonderer Stopp steht Anfang Juli für Dortmund an, wo die »Grand Snail Tour« mit ihrem Trailer fast drei Tage auf dem Nordmarkt parkt, allerdings wohl kaum Ruhe zum Verschnaufen findet. Denn dort lässt die Schnecke ein Festival mit Performances und interaktiven Skulpturen, mit Audiowalk, Konzerten und DJ-Sets steigen. STST
Stationen der »Grand Snail Tour« bis Juli 2025
12. Dezember Schermbeck
23. Januar Dorsten
13. Februar Marl
6. März Haltern am See
27. März Oer-Erkenschwick
10. April Datteln
8. Mai Waltrop
22. Mai Selm
12. Juni Lünen
3. bis 5. Juli Dortmund