Hämmernde Musik, als würde ein Thriller starten. Denn, ja, in dieser Dokumentation geht es um das Erregungs- und Durchdringungs-Potential von Kunst. Um Transformation von Schmerz und Verletzung in etwas Positives, um Transformation des Privaten ins Öffentliche bei gleichzeitig radikaler Ichheit. Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist stark. Das ist die Kernaussage – der Satz fällt gleich zu Beginn. »The Body never can lie«, sagt Marina Abramović, die sich selbst ausstellt und ausliefert und sich zum alleinigen Subjekt-Objekt ihrer Arbeiten macht – zu ihrem eigenen »Monument«. Aber ist Kunst nicht immer Solo-Akt und -Aktion, nicht immer Autobiografie? Gewiss, nur mehr oder minder verhüllt, multipliziert, purifiziert, abstrahiert.
Vier Frauen, vier Städte: New York City, Jerusalem, Berlin, Düsseldorf. Die Israelin Sigalit Landau leitet die Erinnerung des Holocaust in ihrer Familie und die Spannung zweier Völker, des jüdischen und des palästinensischen, durch sich hindurch, verleibt sie sich ein. In einer ihrer Performances traktiert sie den eigenen Körper, indem sie Stacheldraht wie einen Hula-Hoop-Reifen um ihre Hüften kreisen und sich geißeln lässt. Die Beuys-Schülerin Katharina Sieverding, deren Projekte das »Schlachtfeld Deutschland« in Geschichte und Gegenwart betrachten, konzentriert sich auf Porträts von Menschen und Gesichtern. Die Iranerin Shirin Neshat betont das gleichzeitig sinnliche und politische Motiv und Element ihrer ‚feministischen’ Kunst und bringt die »Women of Allah« in Dialog und Disput mit dem Konservativ-Reaktionären, Männlichen, Militärischen, Sexuellen und Religiösen der islamischen Gesellschaft.
Bei allen vier Künstlerinnen und ihren Kunstwerken – von Evelyn Schels ebenso intellektuell wie emotional vermittelt – dehnt sich das Widerständige elastisch aus: vom fragilen, schneidend scharfen Ecce homo zur Wundheilung der Welt.
»Body of Truth«, Regie: Evelyn Schels, D 2019, 96 Min., Start: 10. September
Kinotour: Am 11. September 2020 ist Katharina Sieverding um 19 Uhr im Düsseldorfer Bambi-Kino zu Gast.