Schicke Kleider, zu viel Schminke, jede Menge Accessoires – und hübsche Influencerinnen, die all dies verkaufen möchten. So sieht die Instagram-Welt vieler Teenagerinnen aus. Doch in den sozialen Netzwerken gibt es einige Kanäle, die relevante Themen dagegensetzen. Einer davon: »Mädelsabende«, den der WDR für das öffentlich-rechtliche Online-Medienangebot »funk« produziert.
Darin geht es um Abtreibung, Brustkrebs, Rassismus oder auch Depressionen. Drei Journalistinnen und inzwischen auch ein Journalist wechseln sich wöchentlich mit Themen ab. Sie produzieren jeden Tag eine Story, eine Abfolge kurzer Clips oder Bilder, in denen sie sich mit möglichst unterschiedlichen Aspekten eines Schwerpunkts widmen. Sie sprechen mit Betroffenen und Expert*innen, alles wird verständlich erklärt und ist ganz dicht an den Nutzerinnen – und an den Machern selbst. Denn die gehen bei der Themenwahl von dem aus, was auch sie beschäftigt, seien es die eigene sexuelle Orientierung oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten, die Frage, welches Familienmodell man leben möchte oder die Einstellung zum eigenen Körper. Diese sehr persönliche Herangehensweise, bei der etwa Journalist Marlon schon mal seine Eltern fragt, was sie bei seinem Coming Out gedacht haben, schafft Nähe und Vertrauen. So viel Vertrauen, dass sich die Nutzer*innen der Community – die sich selbst »Mädelsbande« genannt hat – öffnen und von ihren eigenen ganz persönlichen Erfahrungen in Kommentaren berichten.
Über 100.000 Abonnent*innen
«Für uns ist ein Mädelsabend ein geschützter Raum, wo man sich alles erzählen kann«, sagt die WDR-Redakteurin Verena Lammert, die den Kanal vor zwei Jahren initiierte, «aber die Kommentare und vor allem die vielen Direktnachrichten bringen auch eine große Verantwortung mit sich. Inzwischen haben wir im Hintergrund ein kleines Team, das die Journalist*innen unterstützt, und wir versuchen, jede einzelne Nachricht zu beantworten und in vielen Fällen auch auf professionelle Hilfe zu verweisen.« Über 100.000 Abonnent*innen hat der Kanal jetzt, wobei 95 Prozent Frauen sind, die meisten zwischen 18 und 24 Jahren. Die sympathischen und authentischen Moderator*innen sind sicher ein Grund für den Erfolg, aber auch die Gestaltung der Stories. Sie sind professionell, aber nie zu perfekt; grafisch gestaltet mit den Instagram-eigenen Mitteln. Umfragen und Kommentarwünsche sind keine Pseudo-Interaktion, wie so häufig bei kommerziellen Accounts, sondern dienen dem Wissensaustausch: Themenideen oder spezielle Fragen kommen oft aus der Community selbst, genauso wie Hinweise auf Protagonist*innen. Die wiederum sind meist auch auf Instagram vertreten – so bildet sich um »Mädelsabende« ein Netzwerk von Instagram-Akteur*innen mit relevanten Inhalten. Ein Netzwerk, das beweist, dass die Plattform mehr kann als nur hübsche Bilder mit vielen Herzen. Eine Horizonterweiterung, auf die sich auch Nutzer anderen Geschlechts und Alters einlassen sollten.