Das politische Leben Westdeutschlands hat Jupp Darchinger (1925-2013) über Jahrzehnte hinweg mit der Kamera dokumentiert. Seine Fotografien, die das LVR-Landesmuseum Bonn nun in einer Ausstellung präsentiert, spiegeln die Entwicklung der Bundesrepublik wider – von der Stunde Null bis zur Wiedervereinigung.
Bekannt wurde er vor allem durch seine Arbeit für den »Spiegel« – das Hamburger Nachrichtenmagazin gab ihm den Ehrentitel das »Auge in Bonn«. Über 10.000 seiner Fotografien erschienen dort, viele weitere in renommierten Zeitungen wie der »Zeit«. Josef Heinrich (»Jupp«) Darchinger, 1925 als Sohn eines Landwirts geboren, war bei den großen politischen Ereignissen ebenso präsent wie bei den leisen, menschlichen Momenten abseits des Rampenlichts. Legendär sind seine Aufnahmen von Spitzenpolitikern wie Adenauer, Brandt oder Schmidt, aber auch Szenen wie das vertrauliche Gespräch zwischen Willy Brandt und dem später als DDR-Spion enttarnten Mitarbeiter Günter Guillaume oder Honeckers Bonbon-Geste am Bahnhof Güstrow.
Seine Arbeitsweise war geprägt von Zurückhaltung und Respekt: Statt aufdringlicher Nähe bevorzugte Darchinger Distanz, um das Wesentliche einzufangen. Neben den politischen Höhepunkten interessierten ihn auch die kleinen Alltagsbegebenheiten – etwa die Raumpflegerin im Bundestag, die 1971 mit skeptischem Blick den Papierkorb leert.
Nach dem Regierungsumzug nach Berlin zog sich Darchinger aus dem aktiven Berufsleben zurück und übergab 2007 sein riesiges Archiv der Friedrich-Ebert-Stiftung. Aus diesem Schatz von mehr als 1,6 Millionen Negativen präsentiert das LVR-Landesmuseum Bonn nun eine Ausstellung zum 100. Geburtstag des Fotografen. Sie lädt ein zu einer visuellen Zeitreise durch die Bonner Republik, die heute fast schon wie eine ferne Epoche erscheint.
»JUPP DARCHINGER. DAS AUGE DER REPUBLIK«
LVR-LANDESMUSEUM BONN
BIS 14. SEPTEMBER