Wie es den guten Hirten gibt, so auch den guten Gärtner. Konrad Adenauer, der rheinische Katholik, wird gewusst haben, dass er die Bibel auf seiner Seite hat, wenn er sich auf metaphorisches Gelände begibt: der Hirte, der seine Schäfchen hütet (oder ins Trockene bringt, was zu tun, der Alte von Rhöndorf auch verstand). Der Gärtner, »der sät, hegt und pflegt und wachsen lässt«, wie er sagte. So hat er auch seine Rolle für das von ihm zu neuer Blüte gebrachte Land und seine Bürger*innen begriffen. Die Heimholung der letzten Kriegsgefangenen aus Russland 1955, die mit dem Bach-Choral »Nun danket alle Gott« gepriesen wurde, etwa spricht dafür. Der ausgefuchste erste Kanzler der Bundesrepublik erkannte und ergriff den günstigen Moment – eine Qualität des machtpolitischen »Principe«, wie ihn Rudolf Augstein im Spiegel-Nachruf nannte, und des Gärtners, der sich den Jahreszeiten-Zyklus zu Nutze macht.
Als (zweimaliger) Kölner Oberbürgermeister hatte der Hobby-Botaniker den Grüngürtel für die Stadt initiiert. Während des Nazi-Terrors, als er kaltgestellt war, verhaftet wurde und sich retten konnte, vertiefte er seine ‚grünen’ Kenntnisse. Das weitläufige Hang-Grundstück, den »Faulen Berg« in Rhöndorf, erwarb Adenauer 1937. Das Haus (auch ein Grund, das nahe Bonn als Bundeshauptstadt zu favorisieren) entwarf er selbst und komponierte den terrassierten prächtigen Garten naturnah, dessen Idyll ins Italienische spielt, in die Räume hineinzureichen scheint und Innen und Außen in wechselnde Beziehung bringt. Die 58 Stufen, die durch den Vorgarten zum Entree führen, nahm noch der 91-Jährige täglich.
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Blick in Adenauers Garten in Rhöndorf. Foto: Roland Breitschuh -
Blick in Adenauers Garten in Rhöndorf. Foto: Roland Breitschuh -
In Adenauers Garten in Rhöndorf. Foto: Roland Breitschuh
Christian Feyerabend, der die biografischen, anekdotischen, zeitgeschichtlichen Texte in 37 Kapiteln verfasst hat, und Roland Breitschuh (Fotografie) folgen in dem feinen Bildband den Wurzeln und Lebens-Verzweigungen des Menschen, CDU-Mitbegründers, Realpolitikers, Versöhners und Europäers und spüren sie auf in Haus und Garten – die gesamte Anlage ist heute Denkmal und Bundesstiftung. Adenauer liebte Rosen, für ihn »die schönste und dankbarste« Blume. Rilkes Grabinschrift beginnt mit »Rose, oh reiner Widerspruch«. Konrad Adenauers Charakter wäre damit nicht schlecht erfasst.
Adenauer. Der Garten und sein Gärtner, Christian Feyerabend (Text) und Roland Breitschuh (Fotografien), Greven Verlag, Köln 2020, 179 Abb., 30 Euro