Frida Kahlo besänftige Diego Riviera einst mit Hähnchen in Schokoladensauce. Jackson Pollock aß gern Gebackenes und Andy Warhol am liebsten gar nichts, um schlank zu bleiben. Die Kochwelt steckt voller Anekdoten – und den passenden Büchern dazu. Eine kleine Auswahl an Kunst-Kochbüchern.
Leise rieselt der Puderzucker mit Monet
Felicity Souters »Kunst Kochen«
Wer mit Andy Warhol einst essen ging, durfte ihm zusehen – wie er lustlos in seinem Essen herumstocherte. Denn der Pop-Artists war besessen davon, dünn zu sein. Und bestellte meist das, was er eigentlich nicht mochte. Wer Felicity Souters Kochbuch kauft, hat in jedem Fall für anregende Tischgespräche gesorgt: Denn Geschichten wie diese aus der Kunstwelt gibt es hier zuhauf. Zwei Doppelseiten hat sie jeweils einem Gericht gewidmet. Auf einem ist das Bild eines nachgekochten Kunstwerkes zu sehen, auf dem anderen wartet Wissenswertes zu den jeweiligen Künstler*innen – mit Essensbezug natürlich – dazu gibt’s ein Rezept. Warhols Gericht ist allerdings gar nicht Tomatensuppe, sondern Galette mit Tomaten, Mozzarella und karamellisierten Zwiebeln. Die »aromatische Verkörperung« der Lieblingstomatensuppe sieht so aus, wie das zugehörige Bild. Und die Optik ist auch die Grundlage für die Rezepte: Jackson Pollock werden Brownies mit darüber geträufelter weißer und dunkler Schokolade zugeordnet, auch weil er das Backen so liebte. Yves Klein bekommt einen Blauen Martini, weil er einen solchen seinen Gästen 1958 bei einer Vernissage reichte. Seine Variante soll allerdings auch den Urin der Ausstellungsbesucher*innen blau gefärbt haben… Und Lucio Fontanas Blumenkohl-Käse-Pie hat einen Schlitz. Das Kochbuch lädt auch dazu ein, bislang unbekannte Künstler*innen auf sympathische Weise zu entdecken. Dazu sind ihre Werk so witzig in Essen umgesetzt, dass das Lachen selbst die lauteste Küchenmaschine übertönen dürfte.
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Felicity Souter: »Kunst Kochen«, Prestel 2023, 240 Seiten, 36 Euro
Wie schmeckt ein Welterbe?
Gabriela Castellano ist »Zu Gast bei Frida Kahlo«
Wer an mexikanische Kunst denkt, denkt sofort an Frida Kahlo. Und dann natürlich an die explosive Beziehung zu Diego Rivera. Angeblich soll Frida nur für ihn ihr Rezept für Mole Poblano – Hähnchen in Schokoladensauce – perfektioniert und dieses die Wogen zwischen den beiden immer geglättet haben. »Zu Gast bei Frida Kahlo« ist ein mexikanisches Kochbuch, inspiriert von der Künstlerin. Mit ihr wird schließlich besonders in Mexiko Stadt ein gewaltiges Geschäft gemacht, das Kochbuch ist als offizielles Produkt lizenziert. Es enthält zahlreiche Rezepte der mexikanischen Küche, die immerhin immaterielles Weltkulturerbe ist. Geschrieben wurde es von einer mexikanischen Köchin, die wie Frida Kahlo aus Oaxaca stammt und seit 2015 ein Restaurant in Genf betreibt. Bis auf wenige textliche Bezüge zu Frida Kahlo, ist die Kunst aber Nebensache in diesem Buch.
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Gabriela Castellanos: »Zu Gast bei Frida Kahlo«, Becker Joest Volk Verlag 2023, 192 Seiten, 32 Euro
Japan auf dem Tisch
Der Bildhauer Shinroku Shimokawa erkocht sich sein Land.
Die japanische Küche ist schlicht und zugleich opulent: Wenige, qualitativ hochwertige Zutaten vereinen sich zu einem Geschmackserlebnis. Das Buch »Man kann keine Steine essen« bildet genau das ab: einfacher Fließtext und reduzierte Bilder von skulptural inszenierten Zutaten und Speisen vereinen sich mit viel Weißraum zu einem informativen und die Sinne anregenden Kunstbuch, nach dem man auch Kochen kann. Gegliedert nach den Jahreszeiten, hat der in Stuttgart lebende japanische Bildhauer Shinroku Shimokawa hier viele Grundrezepte zusammengestellt, die nicht alle für deutsche Großstadtbewohner geeignet sind – wer trocknet schon Fisch auf seinem Balkon? Dafür bietet das liebevoll gestaltete und 2021 von der Stiftung Buchkunst als »Das schönste Buch des Jahres« ausgezeichnete Werk viele Hintergründe, die auch diejenigen interessieren dürften, die sich für die japanische Kultur interessieren oder einfach nur gerne japanisch essen gehen. Aber Achtung: Die Lektüre könnte dazu führen, dass Sie im kommenden Frühjahr dem Bauern den Raps vom Feld klauen, um ihn als Gemüse zu servieren.
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Shinroku Shimokawa: »Man kann keine Steine essen« Prima.Publikationen 2021, 240 Seiten, 39 Euro
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Videokunst kochen
Ein Buch im Kerber Verlag zeigt, was des Nachts auf die Teller kommt.
Erstaunlich bodenständig, was in Berlin lebende Künstler*innen so kochen. Und genauso multikulturell wie die Stadt. Die 80 Rezepte im »Videoart at Midnight Künstlerkochbuch« stammen von vielen der Künstler*innen, die seit 2008 zu der gleichnamigen Filmreihe eingeladen wurden. Die Rezepte sind so notiert, wie sie eingereicht wurden: Da gibt es eine Geschichte über Frühstückssuppe und Rückengymnastik, eine Pfannkuchenzeichnung und schon mal eine verrätselte Zutatenliste. Viele sind aber auch ganz normale Rezepte, ein großer Anteil davon vegetarisch. Angereichert ist das Rezeptbuch mit zahlreichen Fotos von den Gerichten und auch den Kochabenden, an denen sie entstanden sind.
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Olaf und Anton Stüber: »Das Videoart at Midnight Künstlerkochbuch«. Kerber Verlag 2020, 256 Seiten, 39,80 Euro
Surreal kochen
Der Taschen Verlag bringt Dalís »Die Diners mit Gala« wieder heraus.
Legendär waren die opulenten Dinnerpartys, die Salvador Dalí und seine Muse Gala gaben. 1973 veröffentlichte Dalí – der gar nicht Kochen konnte – das Kochbuch »Die Diners mit Gala« dazu. Die Rezepte orientieren sich an der gehobenen französischen Küche, sind aber deutlich verschrobener und damit nur bedingt zum Nachkochen geeignet. Dafür findet sich in dem Buch jede Menge surrealistische Kunst. Jetzt gibt es eine auf 78 Rezepte gekürzte Neuauflage, die trotzdem noch eine herrliche 70er Jahre Anmutung verströmt.
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Salvador Dalí: »Die Diners mit Gala«. Taschen 2024, 292 Seiten, 15 Euro