Mit »Der Mann der sich Beethoven nannte« ist ein Musiktheaterstück am Theater Gütersloh entstanden, das die unkonventionellen Klänge des Trickster Orchestras mit Klassik und Märchen verbindet. Gefördert wurde die Kooperation mit der Neuköllner Oper aus dem Landesförderprojekt »Heimwärts«, mit der das Kultursekretariat NRW Gütersloh Eigen- und Koproduktionen an Programm- und Gastspieltheatern in NRW unterstützt. Und manchmal auch kleine Wunder möglich macht.
Berlin im Jahr 2020. Die Philharmonie ist zerstört, überall liegen Staub und Steine. Merkwürdige Klänge sind zu hören, es quietscht, trommelt und klimpert. Drei Figuren erscheinen: ein Dirigent, eine junge Musikerin und ein Mann, der behauptet, kein Geringerer als Ludwig van Beethoven zu sein. Was so klingt wie der Anfang eines dystopischen Märchens wird bei dem Musiktheaterstück des Theaters Gütersloh Realität. In »Der Mann der sich Beethoven nannte« trifft unter der Regie von Mathias Schönsee die Beethoven-Geschichte auf den speziellen Sound des Trickster Orchestras, einer internationalen Musikgruppe, die mit traditionellen Instrumenten, elektronischer Musik und ungewöhnlichen Montagen experimentiert. In dem assoziativen Stück geht es zudem weniger um den berühmten Komponisten selbst als vielmehr um seine Vorstellung von Freiheit – ausgedrückt in Kunst und Musik.

Für das unkonventionelle Opernprojekt hat das Theater Gütersloh mit der Neuköllner Oper kooperiert. Unterstützt wurden sie dabei von »Heimwärts«, ein Förderprogramm des Kultursekretariats NRW Gütersloh und des Landes Nordrhein-Westfalen. Seit vier Jahren fördert es innovative Eigen- und Koproduktionen an Programm- und Gastspielhäusern, die im Gegensatz zu Ensembletheatern keine festangestellten Schauspieler*innen oder Musiker*innen haben. Im Gebäude selbst gibt es auch keine Requisite, keine Schlosserei, keinen Malersaal und keine Kostümwerkstatt; die Zahl der Mitarbeiter*innen ist überschaubar.
In NRW gibt es zwar viele solcher Programm- und Gastspielbühnen. Im Vergleich zu Ensembletheatern werden sie in den überregionalen Medien und in der breiten Öffentlichkeit aber nur wenig wahrgenommen. Genau hier setzt »Heimwärts« an: gefördert werden aufwändige Operninszenierungen, aber auch Märchenadaptionen für Kinder. Auf der Projektwebsite www.heimwaerts-nrw.de führt eine umfangreiche Datenbank die große Bandbreite an Spielstätten und Formaten vor Augen; mehr als 100 verschiedene Theaterhäuser und -projekte sind dort verzeichnet. Die einzelnen Bühnen werden so nicht nur sichtbar, sondern können sich auch untereinander vernetzen. Christian Schäfer, Künstlerischer Leiter am Theater Gütersloh, sieht in der Unabhängigkeit von festen Ensemble-Strukturen einen Vorteil. »Das sorgt für Diversität und Abwechslung auf den Bühnen und in den Spielplänen«, sagt der Gütersloher Theaterleiter. Koproduktionen und Kooperationen etwa mit Festivals, der freien Szene, mit Produktionshäusern, Stadt- und Landestheatern spielen für ihn eine wichtige Rolle. »Wir können hier genauso flexibel agieren wie in unserem Jahresprogramm, das wir aus allen denkbaren Theatern und Konzertspielarten zusammenstellen und die verschiedensten Ensembles zu uns einladen.« Dazu gehören kleinere Maskentheatergruppen genauso wie Gastspiele des Wiener Burgtheaters oder von internationalen Tanzkompanien. Im Gegensatz zu reinen Gastspielhäusern initiieren größere Programmbühnen wie in Gütersloh außerdem regelmäßig eigene Opern-, Schauspiel- oder Tanzproduktionen.

Dieses Jahr hat »Heimwärts« vier Inszenierungen gefördert: Neben dem Beethoven-Projekt in Ostwestfalen auch das Stück »Schwelen – Choreografie einer begehrenswerten Katastrophe«, in dem sich die Theatergruppe systemrhizoma im Sauerlandtheater in Arnsberg mit dem Thema Hexenverfolgung auseinandersetzt. Im Kulturhaus Lüdenscheid ging hingegen das Tanzprojekt »Tanzgeschichte(n) – Die Un-Ruheständler« in die zweite Runde. In Lünen hat das dortige Kulturbüro mit dem Bochumer Artensemble Theater kooperiert und sich das Tagebuch Shigemi Ideguchis vorgenommen. Der Autor hat den Atombombenabwurf auf Hiroshima erlebt und überlebt.
Weitere Infos zu »Heimwärts« unter www.heimwärts-nrw.de