Als »haltungsstark und tiefgründig« bezeichnet Intendant Olaf Kröck die Theaterkunst unserer Zeit. Als »eine Kunst, die etwas will«. Entsprechend herausfordernd (im positivsten Sinne) präsentiert sich das Programm der Ruhrfestspiele, das in diesem Jahr nach pandemiebedingter Pause wieder auf dem Grünen Hügel in Recklinghausen stattfinden wird.
William Kentridge, der südafrikanische bildende Künstler und Regisseur, eröffnet die Festspiele mit der Deutschlandpremiere von »SIBYL«. Seine bildstarken Inszenierungen sind Gesamtkunstwerke aus Zeichnungen, Musik, Gesang, Theater, Tanz, Literatur und Film, sie sind nachhaltig beeindruckende Zauberkunstwerke. »Sibyls« Thema: die Schönheit der Natur und ihre gnadenlose Ausbeutung durch den Menschen – und natürlich die Kraft der Kunst (3. bis 6. Mai).
»Haltung und Hoffnung« heißt das Motto der diesjährigen Festspiele. Eine Extremposition unter den (Theater)Künstler*innen der Gegenwart besetzt Romeo Castellucci, seine Bühnenkompositionen berühren alle, tatsächlich alle Sinne, da wird Theater im besten Fall zur sinnlich erschütternden Erfahrung. In Recklinghausen ist die Deutschlandpremiere von »Bros« zu sehen, eine Arbeit über Macht und Gehorsam. Über 20 Männer in Uniformen aus alten Zeiten führen auf der Bühne Befehle aus. Angekündigt ist ein ästhetisches und politisches Manifest des italienischen Theatermachers (4. bis 6. Mai). Gewalt und Zärtlichkeit im emotionalen Wechselspiel sind in einer der beachtenswerten Tanzinszenierungen des Festivals zu erleben. Der Choreograf Hofesh Shechter kommt mit seiner Company und »Double Murder« nach Recklinghausen. Der Abend ist zweigeteilt: Dem energiegeladenen, chaotischen Stück »Clowns« folgt die zarte Kreation »The Fix« (27. bis 29. Mai).
Wie sich politisch relevante Themen in installativen Arbeiten verdichten lassen, zeigt die estnische Künstlerin Flo Kasearu in der Ausstellung »Flo’s Retrospective« in der Kunsthalle Recklinghausen. Ihr Material findet die Künstlerin im Alltäglichen, in ihrem Haus in Tallinn. Diese Objekte, die Themen und Aspekte wird sie in ihrem »House Museum« inszenieren, ernst und humorvoll, streng und witzig (30. April bis 7. August).
Künstlerisch vielfältig und international ist das Programm wieder gestaltet, eine Mischung aus Schauspiel, Tanz, Literatur, Neuer Zirkus, Kinder- und Jugendtheater, Musik, Gesprächen und Kabarett. Und dann gibt es die Kategorie »Zwischenräume«, in die neben der Ausstellung von Flo Kasearu auch ein Audiospaziergang, eine Virtual-Reality-Installation oder »The Hills are Alive« von und mit den preisgekrönten Figurenspielern Neville Tranter und Nikolaus Habjan, das in Kooperation mit dem FIDENA Figurentheaterfestival in Bochum kooperiert, gezeigt werden. Insgesamt sind es 92 Produktionen mit rund 220 Veranstaltungen, gespielt wird im Ruhrfestspielhaus, in der Halle König Ludwig 1/2, im Theater Marl und in der Recklinghäuser Innenstadt, wo zum Beispiel der Australier Guru Dudu einen Tanz-Spaziergang anbietet (3. bis 5. Juni). Die Künstler*innen kommen unter anderem aus Südafrika, Ghana, Mexiko, Marokko, Irland, Spanien, Griechenland – und der Ukraine. Es bleibt die Hoffnung, dass möglichst alle Künstler*innen auch anreisen werden können.
1. Mai bis 12. Juni, www.ruhrfestspiele.de