Ein kurioser Oldtimer mit Helikopterflügeln dürfte bei der nächsten Art Cologne, die vom 16. bis 19. November stattfindet, viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen – und womöglich auch Ratlosigkeit auslösen. Was hat es mit diesem fluguntüchtigen Hybridfahrzeug auf sich? Eigentlich sieht es ganz knuffig aus. Doch der zeitgeschichtliche Hintergrund von Franz Ackermanns Arbeit »Helikopter Nr. 21 (Flucht- und Befreiungsfahrzeug)« ist alles andere als niedlich. Der Künstler greift Pläne der RAF-Terroristen auf, die in den siebziger Jahren ein solches Fluchtfahrzeug auf dem Papier ausgetüftelt hatten. Eine hochfliegende Vision, die ebenso scheiterte wie die mörderischen Umsturzphantasien der Roten Armee Fraktion.
Ackermanns Helikopter ist Teil der Kunstsammlung der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) – mit mehr als 3000 Werken hierzulande eine der wichtigsten Unternehmenssammlungen moderner und zeitgenössischer Kunst. Bei der 56. Art Cologne präsentiert die LBBW Neuerwerbungen der vergangenen fünf Jahren und setzt dabei zeitgeschichtliche Schwerpunkte – neben Franz Ackermann sind Simon Herkner, Sven Johne, Annette Kelm, Henrike Naumann und Tobias Zielony vertreten. Eine weitere Sonderschau steuert das ZADIK bei: Das Zentralarchiv für deutsche und internationale Kunstmarktforschung, ansässig im Kölner Mediapark, ehrt die Münchner Galeristin Barbara Gross mit der Schau »Women Artists as Protagonists«; Gross habe sich als Kunstvermittlerin über Jahrzehnte für mehr Gleichberechtigung von Frauen im Kunstmarkt eingesetzt.
Rund 170 Galerien und Händler bespielen zwei Ebenen der Halle 11 im Kölner Messegelände mit Kunst, die von der Moderne über die Nachkriegszeit bis zur Gegenwart reicht. Wie gewohnt wird die Auswahl strukturiert durch die drei Kategorien »Modern & Postwar«, »Contemporary« und »Neumarkt«. Übrigens ist kultur.west mit einem eigenen Infostand auf der Messe vertreten.
Treffpunkt für Galerien
Auch das Design kommt zur Geltung: Unter dem Motto »Art + Object« kuratiert der Spezialist Sebastian Jacobi eine Sektion, die mancherlei vereint: Design, Objekte aus der Antike, Alte Meister sowie angewandte und außereuropäische Kunst. »Art + Object« ist so etwas wie der schwache Abglanz der Kölner Messe Cologne Fine Art & Design, die 2022 eingestellt wurde.
Art-Cologne-Chef Daniel Hug kann auch in diesem Jahr mit klangvollen Galerie-Namen aufwarten – Gisela Capitain, Eigen + Art, Karsten Greve, Max Hetzler, nächst St. Stephan, Thaddaeus Ropac, Sprüth Magers oder Michael Werner, sie alle sind mit von der Partie. Außerdem verweist Hug auf eine starke Österreich-Fraktion sowie Neuzugänge aus Dänemark und Großbritannien. Seine Messe sieht er als zentrale Drehscheibe des Kunstbetriebs: »Wir zeigen mit unterschiedlichen Highlights der einzelnen Sektionen erneut, dass die Art Cologne der wichtigste Treffpunkt für Galerien, Sammlerinnen und Sammler und Kunstinstitutionen in Deutschland ist.«
Besondere Beachtung ist in diesem Jahr Peter Kilchmann gewiss – der Zürcher Galerist vertritt seit einer halben Ewigkeit den belgischen Künstler Francis Alÿs (Jahrgang 1959), der am 17. November mit dem Wolfgang-Hahn-Preis 2023 geehrt wird. Die Kunst von Francis Alÿs sei, so Hahn-Gastjuror Matthias Mühling, »im Politischen verankert und zugleich poetisch«. Strenggenommen handelt es sich bei der Preisverleihung nicht um einen Messetermin, denn die Zeremonie findet im Museum Ludwig statt. Und das Preisgeld von maximal 100.000 Euro spendiert die Gesellschaft für Moderne Kunst seit 1994, um die Sammlung des Museums zu bereichern. Irgendwie aber gehört die Auszeichnung – sie erinnert an den Kölner Sammler und Gemälderestaurator Wolfgang Hahn (1924–1987) – seit je zu den informellen Art-Cologne-Highlights.
Ganz offiziell mit der Messe verknüpft hingegen ist der Art-Cologne-Preis, den Walther König am 17. November im Historischen Rathaus zu Köln entgegennehmen kann. Der 84-Jährige, seit Jahrzehnten König der Kunstbücher, ist der erste Buchhändler und Verleger, den die Art Cologne mit der Auszeichnung bedenkt. Langer Atem, diese Eigenschaft zeichnet auch Daniel Hug aus: Seit 2008 steht der Amerikaner an der Spitze der Art Cologne. Somit kann er in diesem Jahr sein 15-jähriges Jubiläum feiern. Im schnelllebigen Kunstbetrieb eine ungewöhnlich lange Zeit.
Messe Köln, Halle 11
16. bis 19. November