Wie hoch steigen die Kosten für Energie in den Kultureinrichtungen Nordrhein-Westfalens? »Zwischen null und 400 Prozent«, sagt Ina Brandes dazu. Für die enorme Spannbreite zwischen nichts und Faktor Vier gebe es viele Gründe, sagte die Kulturministerin Mitte November im Kulturausschuss des Landtages: Sie sei abhängig vom baulichen Zustand der einzelnen Häuser, von ihrer technischen Ausrüstung, die Art der Energieversorgung oder ihrer Vertragslage. Die einen hätten langfristige Vereinbarungen zu moderaten Konditionen, bei anderen liefen diese gerade jetzt aus; da schlage die Preisexplosion voll durch. Konkrete Beispiele dazu nennt der Dortmunder Kulturdezernent Jörg Stüdemann: Während die Bühnen seiner Stadt aktuell mit stabilen Kosten rechnen, würden sie beim Konzerthaus auf das beinahe Dreieinhalbfache steigen: von bisher 170 000 auf 540 000 Euro im Jahr.
Die energieintensivsten Kultureinrichtungen sind allerdings überall die Museen. Sie müssen nicht nur geheizt und belüftet, sondern wegen der mitunter empfindlichen Werke in Ausstellungen und Depots aufwändig klimatisiert werden. Entsprechend lag der Anteil der Energiekosten zum Beispiel in der Kunstsammlung NRW mit ihren beiden Düsseldorfer Standorten K20 und K21 in der Vergangenheit stets bei rund 10 Prozent des Gesamtetats (zum Vergleich: in Schauspiel- und Opernhäusern sind es etwa 3 Prozent). Wenn sich der zugehörige Posten im Wirtschaftsplan von zuletzt unter zwei Millionen auf nun vier oder gar acht Millionen Euro erhöhen sollte, könnte bis zur Hälfte des gesamten Jahresbudgets allein für Strom und Gas draufgehen. Für Ausstellungen bliebe dann noch ein Rest von – ziemlich genau null Euro.
Angesichts solcher Szenarien hat der Bundestag Anfang November im Rahmen des Wirtschaftsstabilierungsfonds nicht nur die allgemeine Gaspreisbremse beschlossen, sondern auch eine Milliarde Euro explizit für Kultureinrichtungen. Wie sie verteilt werden soll, war bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe allerdings noch offen. Geplant sind angeblich Ausgleichszahlungen, die sich an der Differenz der Energiekosten zum letzten Vorkrisenjahr 2019 orientieren. NRW-Kulturministerin Ina Brandes kündigte an, das Land werde eigene Hilfen erst dann beschließen, wenn man die Berliner Pläne konkret kenne. Eine belastbare Schätzung, wie viel Geld insgesamt zusätzlich benötigt wird, ist bisher nicht bekannt.
Gleichzeitig gilt für öffentliche Träger und Einrichtungen in ganz Deutschland die Vorgabe, mindestens 20 Prozent des bisherigen Energieverbrauchs einzusparen. Viele Kultureinrichtungen haben deshalb die Raumtemperatur abgesenkt, das warme Wasser abgedreht, alte Leuchtmittel gegen neueste LED-Technik ausgetauscht. »Es gibt mittlerweile eine gute Datenbasis, was Verbrauchszahlen angeht«, sagt die Direktorin des Deutschen Bühnenvereins mit Sitz in Köln, Claudia Schmitz, »man kennt die Verbräuche und die Treiber und weiß, an welchen Stellschrauben zu drehen ist«. Das geht natürlich nur, wenn man solche »Schrauben« angesichts gestörter Lieferketten und überlasteter Handwerksbetriebe überhaupt bekommt. Die Solarpaneele für das Dortmunder Konzerthaus zum Beispiel liegen zwar längst auf dem Dach bereit, doch montiert werden konnten sie bisher nicht: Die extrastarken Klammern zur Absicherung gegen Starkwinde sind bis auf Weiteres nicht lieferbar.