Die denkmalgeschützte Stadthalle Mettmann soll abgerissen werden. Der Architekturkritiker Klaus Englert will sie retten und hat eine Petition aufgesetzt. Ein Gespräch über Wolfgang Rathkes »Laubfroschoper« und Chancen einer neuen Umbaukultur.
kultur.west: Herr Englert, Sie haben eine Petition zum Erhalt der Stadthalle Mettmann initiiert.
ENGLERT: Ja, die Stadthalle Mettmann steht seit 2019 unter Denkmalschutz. Initiiert durch die Oberste Denkmalbehörde, die dem NRW-Ministerium von Ina Scharrenbach unterstellt ist.
kultur.west: Warum sollte sie aus Ihrer Sicht erhalten bleiben?
ENGLERT: Der geplante Abriss lässt die erheblichen ökologischen Folgelasten unbeachtet, die durch Freisetzung klimaschädlicher Treibhausgase entstehen. Auch der investorengetriebene Neubauwahn kann keine Lösung sein. Ein Neubau würde nur ein Bauwesen bestärken, das für 60 Prozent des weltweiten Ressourcenverbrauchs steht. Eine Alternative wäre eine Kultur des Pflegens und Reparierens.
kultur.west: Welche Bedeutung hat die Stadthalle von Wolfgang Rathke?
ENGLERT: Die Denkmalpfleger des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) schrieben 2018 in einem Fachgutachten: Die Stadthalle Mettmann ist ein »einzigartiges, bedeutendes und erhaltenswertes Werk der Architekturgeschichte«. Als Wolfgang Rathke 1982 die Neandertalhalle fertig stellte, waren Betonbrutalismus und Maschinenästhetik im Trend. Rathke spielte mit den zeittypischen Stilen und durch das hervorstechende Grün der Fassade auch mit der Pop Art. Das brachte der Stadthalle unter den Mettmannern den Namen »Laubfroschoper« ein. Mit Blick auf die Stadthalle sprechen die Denkmalschützer völlig zu Recht von der »Experimentierfreude der Zeit«.
kultur.west: Der Stadtrat von Mettmann hat bereits 2019 für einen Abriss gestimmt. Wie groß sind die Chancen, dass sich das Blatt noch einmal wendet?
ENGLERT: Derzeit läuft das denkmalrechtliche Erlaubnisverfahren zum Abbruch der Stadthalle. Zwar beharren die Denkmalschützer des LVR auf dem Erhalt des Gebäudes, aber das NRW-Ministerium hat eine neue städtebauliche Entwicklung des Stadthallen-Areals ins Spiel gebracht, die an den Abriss gebunden sein muss. Nur, der Abriss der Neandertalhalle ist damit nicht vom Tisch. Es bleibt die Hoffnung, dass ein Bürgerbegehren eine breite Front gegen die Abrissdrohung und neue Optionen erzeugt. Anders gesagt, dass im Rahmen der städtebaulichen Entwicklung in den Köpfen der Administratoren und Politiker die starre Blockadehaltung aufgegeben wird und ein Umdenken entsteht. Auch ein Ratsbeschluss kann rückgängig gemacht werden.
kultur.west: Wie könnte eine Umnutzung oder Weiterentwicklung der Stadthalle aussehen?
ENGLERT: Die »Stiftung Baukultur« fordert eine »neue Umbaukultur«, und zwar in Übereinstimmung mit dem Green Deal der EU-Kommission, mit dem Koalitionsvertrag von Bundes- und NRW-Landesregierung. Heutzutage gibt es eine große Zahl junger Architekten, die Hervorragendes im Umbau von Bestandsarchitektur leisten. Denn diese Aufgabe gehört mittlerweile zum Ausbildungskanon eines jeden Architektur-Fachbereichs in Deutschland, beispielsweise an der Hochschule Düsseldorf oder der Bergischen Universität Wuppertal. Derzeit wird in Düsseldorf-Bilk – neben vielen ähnlichen Projekten – ein Wehrmachtsbunker erfolgreich in den Bilker Kulturbunker umgebaut. Eine intelligente Umnutzung mit Schaffung interessanter und funktionaler Räume wäre eine große Chance für Mettmann, eine Chance, die voll auf nachhaltiges Bauen setzt.
Die Petition ist hier zu finden:
openpetition.de/petition/online/kein-abriss-der-stadthalle-offener-brief-an-buergermeisterin-und-stadtrat-von-mettmann