Obwohl die Geschichte des Kinos kaum mehr als 100 Jahre alt ist, gibt es in ihr gleich mehrere Brüche, die sich auch in der Bautypologie des Lichtspielhauses zeigen. Erste Filmvorführungen fanden in Sälen statt, die nicht ursprünglich dafür gebaut wurden, oftmals in Festsälen von Gaststätten. Die ersten großen Filmpaläste entstanden erst Anfang des 20. Jahrhunderts, deren Formensprache sich an der von Theatern und Opernhäusern orientierte – bis hin zu großen Bühnen vor den Leinwänden, die für das umfangreiche Vorprogramm genutzt wurden. Ab den späten 1950er Jahren ging es dann bergab mit dem Kino, dessen Rang das aufkommende Fernsehen übernahm. Zahlreiche Filmhäuser mussten schließen. Die großen Säle wurden vielfach geteilt. Das Schachtelkino entstand. So bot zwar ein Lichtspielhaus mehr Programmvielfalt, gleichzeitig war aber das Kinoerlebnis wegen der oft winzigen Leinwände kaum noch beeindruckender als ein Fernsehabend mit Freund*innen.
1979 wurde in Toronto das erste Multiplex-Kino gebaut. Die Idee: Programmvielfalt durch viele Säle, die alle mit exzellenter Technik ausgestattet sind. Schon 1975 hatte Ray Dolby eine Möglichkeit gefunden, den Sourrond-Sound für das Kino marktfähig zu machen. Ab 1983 zertifizierte das von Regisseur George Lucas gegründete Unternehmen THX die Klangqualität von Kinosälen. Für die Schachtelkinos war die Einführung neuer Techniken allerdings kaum finanzierbar.
In den späteren Multiplex-Kinos entstand ein neues Besucher*innen-Verhalten, bei dem nicht mehr in einen bestimmten Film gegangen wird, sondern ins Kino – erst vor Ort wird dann entschieden, was man sehen möchte. 1990 wurde das erste Multiplex-Kino in Deutschland eröffnet – in Hürth.
Städtebaulich ist das Multiplex-Kino ein Problem: Ein Kinokomplex mit bis zu über 5000 Sitzplätzen – wie beim heute größten Multiplex-Kino in Deutschland in Essen – ist funktionsbedingt ein großes und nach außen nahezu vollständig geschlossenes Gebäude. Der UFA-Palast am Düsseldorfer Hauptbahnhof versucht dieses Problem zumindest dadurch abzumildern, dass er an der einen Längsseite im Erdgeschoss Ladenlokale integriert. Die andere Seite liegt ohnehin zum Bahndamm hin. Dennoch bleibt er ein Gebäude, das nur abends wirklich belebt ist – die meiste Zeit steht es als toter Klotz in der Stadt. Selbst von namhaften Architekten geplante Beispiele wie das von Coop Himmelb(l)au in Dresden, können diese Tatsache kaum verschleiern. So ist der UFA-Palast auch Teil des städtebaulichen Problems, das Düsseldorf in nicht allzu ferner Zukunft durch eine komplette Umstrukturierung des Bahnhofsumfelds zu lösen versucht.
Besser macht es da – zumindest teilweise – das als zweites in Deutschland gebaute Multiplex-Kino: das UCI in Bochum. Es steht einfach da, wo die fensterlose Klumpigkeit nicht stört; zwischen Autobahn und dem Shoppingzentrum »Ruhrpark« in urbaner Randlage. Wertvollen Stadtraum verschwendet das UCI hier nicht, aber natürlich entsteht so eine andere Schwierigkeit: Wer abends entspannt ins Kino gehen will, muss mit dem Auto anreisen. Im Baujahr 1991 war das vermutlich noch kein Thema, aber 2021 in Zeiten von Klimakatastrophe und Verkehrswende kaum noch zeitgemäß.