Philipp Valente wurde 2023 als jüngstes Mitglied in den Bund Deutscher Architekten in NRW aufgenommen. Und setzt sich dafür ein, dass mehr junge Architekt*innen eigene Büros gründen – für neue Strukturen und eine bessere Baukultur.
Lissabon, Spanien, München und immer wieder Japan: Philipp Valente hat Eindrücke in der ganzen Welt gesammelt – und sein Architekturbüro »Less Plus« 2019 dann doch in Dortmund gegründet. »Ich wollte mich mit meiner eigenen Heimat auseinandersetzen«, erzählt er, »nirgendwo anders konnte ich mich so stark mit der Architektur identifizieren, wie hier im Ruhrgebiet«. In Dortmund wurde er 1991 geboren, hier ist er auch aufgewachsen. Eigentlich war sein Wunsch, Kunst zu studieren. Doch seine Eltern waren wenig begeistert von dem »brotlosen« Berufswunsch und so einigte man sich auf Architektur. Später, als er dann in Lissabon war, probierte er es nochmal mit einer etwas freieren Kunst: ein Modestudium. Doch da hatte ihn die Architektur schon längst gepackt: »Ich mag es, mich auf etwas zu beziehen, was da ist, die Atmosphäre eines Ortes aufzunehmen, den Ort zu verstehen und dann etwas zu schaffen, das sich einfügt.« Dieses Subtile in der Architektur hat er vielleicht aus Japan mitgebracht, wo er eher zufällig landete, dann aber mehrfach dorthin zurückkehrte, um in einem Architekturbüro zu arbeiten und an einem Lehrstuhl zu forschen. Das Thema: Wabi-Sabi, das ästhetische Konzept der Schönheit im Verborgenen und das besagt, dass Dinge erst vollkommen sind, wenn sie eine Patina haben.
Eine Parallele zum Ruhrgebiet lässt sich dabei nicht leugnen, wo »Less Plus« inzwischen zwei Standorte hat. 2021 tat sich Philipp Valente mit dem Architekten Nils Martens zusammen. Nun sind sie mit vier Personen in Dortmund und fünf in Bottrop vertreten. Plus zwei Feel Good Manager aka Bürohunde. Auch wenn die Wertschätzung von Architekt*innen im Ruhrgebiet wahrscheinlich nicht so hoch sei wie woanders, kann Valente der riesigen Ruhrstadt mit ländlichen wie innerstädtischen Gebieten und ihren Herausforderungen einiges abgewinnen. Die Industriekultur fasziniere ihn und Ziegeloptik nutze er gerne – zuletzt gerade bei einem Mehrfamilienhaus in Bottrop, das sich, obwohl ganz modern, elegant in die historische Umgebung einfügt.
»Ich will etwas Schönes in einer innerstädtischen Umgebung schaffen, die man vielleicht als nicht so schön empfindet.«
Philipp Valente
Für seinen »sensiblen, ortsbezogenen und ästhetischen wie nachhaltigen Anspruch an Architektur« wurde er 2022 mit dem Förderpreis für Architektur und Städtebau der Stadt Dortmund ausgezeichnet. »Less Plus« entwickelt hauptsächlich Ein- und Mehrfamilienhäuser, gelegentlich auch Kunstprojekte wie am Schölzbach in Dorsten oder initiativ Vorschläge wie für einen Hochbunker in Bottrop. Anders als die meisten anderen jüngeren Büros oder Solo-Architekten können sie tatsächlich von Bauplanung und Bauleitung leben. Wobei schon die Gründung eines Büros heute eine Ausnahme sei, bedauert Philipp Valente: »Jüngere Büros haben andere Ansätze und gehen nicht so verkopft an die Bauaufgaben.« Nur mit mehr jüngeren und kleineren Büros könne sich auch etwas an den Strukturen ändern, die von »Architekturkonzernen« dominiert würden. »Das Studium bereitet einen darauf vor, ein guter Angestellter zu sein.« Philipp Valente wurde direkt nach dem Studium von der Architektenkammer zugelassen, weil er bereits nach seinem Bachelorabschluss in Büros arbeitete und seinen Master parallel machte.
In der Büropraxis hat er ein breites Spektrum von Arbeitskulturen erlebt: Überstunden, Anschreien, sogar Handgreiflichkeiten. Bei dem renommierten Architekten Peter Haimerl in München lernte er dann eine Arbeitskultur kennen, die Vorbild für »Less Plus« ist: Wenig hierarchisch und mit viel Verantwortung, die auch den jüngsten Teammitgliedern übertragen wird. Sie würden außerdem offen über Gehälter reden und versuchten, Überstunden für die Angestellten zu vermeiden. Über die Verwendung erwirtschafteter Überschüsse würde gemeinsam entschieden. Und wenn es mal ein richtig großer Überschuss ist? »Dann träume ich davon, das gesamte Team nach Japan einzuladen, um ihnen die Kultur zu zeigen.«
Name: Philipp Valente
Alter: 32
Wohnort: Dortmund
Beruf: Architekt
Künftige Projekte: Fertiggestellt werden gerade zwei Mehrfamilienhäuser mit 34 Wohnungen, die in Bottrop anstelle eines Einfamilienhauses entstehen. Als Kunstprojekt ist eine Installation am Radweg im Mucherwiesental in Bad Honnef in Planung.