Kuben sind effizient, wenn es darum geht, viel Raum mit möglichst wenig Material zu umbauen. In der Folge sind sie damit auch beim Energieverbrauch unschlagbar. Reinheit der Formen – dafür werden sie leichtfertig gern von Architektur-Liebhaber*innen verehrt. Dabei stehen sie oft genug unter Betonklotz-Verdacht.
Die größte Herausforderung bei der Planung eines Kubus ist die Belichtung. Für die Unternehmenszentrale des Messtechnikherstellers »Krohne« in Duisburg hatte sich das junge Berliner Büro Baumhauer daher für eine klassische Lösung entschieden: Hinter einer umlaufenden Doppel-Glasfassade, die sowohl die Klimatisierung als auch den Schallschutz regelt, ordneten sie Büros an, in die das Tageslicht fällt. Im Innern hingegen wurden ein Treppenhaus, Aufzüge, Garderoben, Lager-, Technikräume und Teeküchen untergebracht, die künstlich beleuchtet werden.
Interessant ist die Doppel-Fassade, die Baumhauer entwarfen – und sinnvoll: Sie ermöglicht frische Luft in allen Büros und ist zugleich ein geschicktes, gestalterisches Element. Während die äußere Hülle mit ihrem klaren Raster die einfache Form inszeniert, löst die innere Hülle diese Form wieder auf. Leicht variierende Fensterformate und unterschiedlich breite und geknickte Doppel-T-Träger versetzen den schlichten Kubus je nach Perspektive in Bewegung. Dazu nimmt ein Flachbau im Erdgeschoss die Dachkante eines eingeschossigen Altbaus aus den 1960er Jahren auf, der zurzeit in eine neue Kantine umgebaut wird.
Prominent – gescheitert: der SANAA-Kubus
Einer der bekanntesten Kuben-Bauten im Ruhrgebiet stammt sicher von SANAA auf der Essener Zeche Zollverein. Hartnäckig wird er als architektonische Ikone verehrt – zu unrecht. Im Wettbewerb 2002 hatte das Büro aus Tokio zwar mit einer von 3500 Fenstern durchbrochenen Sichtbetonfassade überzeugt, die sich in pures Licht aufzulösen schien. Allerdings war das Ganze statisch kaum realisier- und schon gar nicht finanzierbar. Am Ende blieben magere 134 verschieden große Fenster übrig. Über die Nutzbarkeit mussten sich die Architekt*innen kaum Gedanken machen, denn gebaut wurde für die Zollverein School of Manangement and Design: Ein ebenso ambitioniertes wie inhaltsleeres Hochschul-Konzept, das rasant scheiterte. 2008 wurde die Privat-Schule abgewickelt, nur zwei Jahre nach ihrer Eröffnung. So hat der Kubus neben einem aus akustischen Gründen kaum nutzbaren gläsernen Mini-Auditorium im Erdgeschoss vor allem einen zehn Meter hohen und 1200 Quadratmeter großen, spektakulären Raum im ersten Stock. Den aus dem Zentrum gerückten Erschließungskern hielten SANAA extrem reduziert: Das Treppenhaus und die Toiletten im Untergeschoss erinnern in unangenehmer Weise an eine Tiefgarage. Wollte man diesen Gegensatz positiv lesen, so könnte man hier einen Weg aus klassischen Angsträumen in die lichtdurchflutete Halle sehen. Nur beschreitet diesen Betonpfad kaum jemand. Das Gebäude ist heute an die Folkwang Universität der Künste vermietet, die sich redlich um eine gelegentliche Nutzung bemüht. Ansonsten durchstreifen ab und zu Architekturinteressierte die leeren Räume. Zumindest noch so lange, bis die seit 2017 dringend nötige Sanierung des maroden Gebäudes beginnt. Dass der SANAA-Kubus noch 2010 mit dem Architekturpreis »Nike« als »beste städtebauliche Symbolik« ausgezeichnet wurde, wirkt im heutigen Rückblick geradezu zynisch.