»An Düsseldorf hat mich gereizt, dass sie eine Stadt ist, die vor Projekten nur so brummt – und gerade deshalb so dringend Konzepte braucht. Denn die Digitalisierung verändert alles. Zudem werden wir Autos künftig eher teilen als besitzen, sie mehr als Werkzeug nutzen denn als Identifikationsobjekt. Zwar gilt Düsseldorf vielen vor allem als Einkaufsmetropole, aber die Funktionen einer Stadt haben nicht nur mit Konsum zu tun, sondern mit allen des Lebens. In der Stadt der Zukunft bedeutet Gleichberechtigung in den Lebensverhältnissen nicht, dass alle gleich wohnen, sondern dass alle den gleichen Zugang zur Infrastruktur haben. Früher sind wir mit dem Gerechtigkeitsrasenmäher über alles gegangen und haben die Städte sortiert und segregiert.
In den 60ern hat man gedacht, dass man mit moderner Ausstattung alles regeln kann und die Orte gleichmachen müsste. Man hat das Alte verdammt und Wohnungen regelrecht gestapelt. Heute wissen wir, dass das nicht funktioniert und dass dadurch Anonymisierung und Stigmata entstehen. Heute müssen wir die Formen gerechter Lebensbedingungen in unterschiedliche Orte integrieren, die Infrastruktur mitwachsen oder -schrumpfen lassen und den Orten eine Mitte geben. Die Menschen sehnen sich nach Bestand.
Genau ihn bieten Kulturorte, die die kurzfristigen Verwertungsintervalle, denen die Städte durch finanzgesteuertes Bauen ausgesetzt sind, überdauern. Das ist ein Wert, den selbst Menschen spüren, die Kultur gar nicht so gezielt konsumieren. Deshalb planen wir mit den Bürgern einen „Blau-grünen Ring“, der die Altstadt durch die Kulturorte mit der Einkaufscity verbindet: Blau steht für das Wasser, Grün für eine Park- und Gartenachse, die vom Ehrenhof bis zum Spee’schen Graben reicht. An ihr entlang reihen sich etwa Tonhalle, Oper oder Ständehaus, die sich bisher alle auf ihre Einzelwirkung berufen. Ich fände schön, wenn auch die öffentlichen Räume dazwischen ihre Bedeutsamkeit zeigen könnten. Zwischen dem K20 und dem K21 etwa liegt ein Unort ohne Aufenthaltsqualität. Eine Verbindung zwischen ihnen sicht- und spürbar zu machen, schließt neue Wegesysteme mit ein – aber solche Verbindungen beginnen auch im Kopf.«
Cornelia Zuschke, Jahrgang 1961, ist seit 2016 Düsseldorfer Beigeordnete für Planen, Bauen, Mobilität und Grundstückswesen. Zuvor war die Architektin Baudezernentin in Fulda und Darmstadt.
Erste Entwürfe zum „Blau-grünen Ring“ sind vom 20. bis 27. März 2019 rund um das Ratinger Tor ausgestellt.
www.blaugruener-ring.de