Der Bochumer Schauspieler Roland Riebeling ist Vater von zwei Söhnen in einer Regenbogenfamilie und spielt in der Netflix-Serie »How to sell drugs online (fast)« einen warmherzigen Papa. Ein Gespräch über das Vatersein vor und hinter der Kamera.
Jens hat es nicht leicht. Er ist Polizist und sein Sohn Moritz vertickt Drogen. Sehr erfolgreich, nebenher. In der Netflix-Serie »How to sell drugs online (fast)« spielt Roland Riebeling eine Vaterrolle, die zu einer Kultfigur werden könnte. Sonst ist er dem Fernsehpublikum als Ermittler Jütte im Kölner »Tatort« bekannt. Außerdem spielt er Theater in Duisburg, inszeniert in Wuppertal und Bonn, ist Schauspielprofessor in Osnabrück. Und nebenbei hat er zwei Söhne, zusammen mit seinem Mann und einem Mütterpaar.
kultur.west: Herr Riebeling, wie würden Sie die Vaterrolle aus »How to sell drugs online (fast)« beschreiben?
RIEBELING: Jens hat in den vier Staffeln eine große Entwicklung gemacht. Wichtig ist erst mal, dass er eine sehr weiche Vaterfigur ist. Seine Frau hat ihn verlassen und führt ein Leben als Karrierefrau. Er ist alleinerziehend und befindet sich in einem Dauerzustand verschiedener Überforderungen. Wie es bei so vielen Eltern ist, versteht er seine Kinder nur bis zu einem gewissen Punkt und stochert dann im Nebel. Was er in den ersten beiden Staffeln an Einsatz vielleicht zu wenig einbringt, zeigt er dann wohl etwas zu viel.
kultur.west: Wenn er glaubt, seinen Sohn Moritz verteidigen zu müssen, wird er zu einem hinreißend trotteligen, aber stets herzblutvollen Action-Antiheld. Wie geht es denn in der nächsten Staffel weiter?
RIEBELING Es ist noch nicht raus, ob die Serie eine fünfte Staffel kriegt. Da werden erst lange die Einschaltquoten analysiert, wir sind ja gerade im Mai mit der vierten Staffel raus gekommen.
kultur.west: Ist mit Ihrem Film-Sohn Maximilian Mundt beim Dreh auch eine Art Vater-Sohn-Beziehung entstanden?
RIEBELING: Wir haben uns von Anfang an gut verstanden und haben viel gelacht. Natürlich ist da auch dieser unüberbrückbare Altersunterschied. Wir waren schon in gewisser Weise Vater und Sohn. Besonders war auch, dass Max während der Dreharbeiten erst herausgefunden hat, dass er schwul ist und ich das ja auch bin. Ich hab ihm auch ziemlich am Anfang gesagt, dass ich ihn für schwul halte. Er hat das damals noch verneint, aber dann stellte es sich für ihn doch heraus. Das hat uns nochmal besonders verbunden.
kultur.west: Apropos: Sie haben zwei Söhne, 17 und 14 Jahre alt, und die haben zwei Väter – Sie und Ihren Mann – und zwei Mütter. Wie kriegen Sie das Vatersein und die vielen Jobs in einen Terminkalender?
RIEBELING: Ich bin schon ein Luxus-Vater, weil wir uns den Elternjob zu viert teilen. Die Jungs werden hauptsächlich bei den Müttern groß. Es ist schon toll, dass wir uns in all den Jahren immer gut verstanden haben und für unsere Söhne da sein konnten. Natürlich müsste man die beiden mal fragen, ob die das auch so sehen. Aber ich glaube schon.
kultur.west: Dieses Modell der Elternschaft hat also richtig gut geklappt?
RIEBELING: Ja, obwohl das damals schon etwas Besonderes war. Als wir unsere Familie vor 18 Jahren gegründet haben, waren Regenbogen-Familien in Deutschland noch ziemlich unbekannt. Es war ein riesiges Affentheater, unseren Erstgeborenen beim Standesamt anzumelden. Weil es für diese Konstellation keine Vorlage für eine Geburtsurkunde gab. Das ist mittlerweile geregelt.
kultur.west: Und Sie sind auch trotz Drehen, Spielen, Inszenieren, Lehren auch genug da für Ihre Kinder?
RIEBELING: Naja, ich bin als Vater in diesem Job auch immer von einem schlechten Gewissen getrieben. Es ist schwer, diese Spagat hinzukriegen. Meine Söhne kennen mich natürlich gut und sagen, wenn ich mich bei ihnen entschuldigen will: »Papa mach dir keine Sorgen, es ist alles gut.« Die Vaterschaft hat mich beflügelt und macht mich stolz. Ich gebe so gerne mit meine tollen Söhnen an. Aber ich habe auch das schlechte Gewissen, dass ich womöglich zu wenig für sie da bin.
kultur.west: Haben Sie sich durch die Vaterschaft verändert?
RIEBELING: Mit meinen Söhnen und durch meine Söhne hat sich mein Verhältnis zu Gesundheit und Fitness verändert. Beide sind Sportskanonen. Das haben die nicht von mir, sondern von den Müttern, eine davon war mal Olympionikin. Und wenn man zwei Baumkletterer und Duracell-Häschen mit einer Menge Energie als Söhne hat, versuchst du ein bisschen mitzuhalten. Da kann ich nicht bei jeder Klettertour sagen, oh Gott, mein Wirbel ist raus. Also geh ich trainieren, einfach damit ich bei vielen Sachen mithalten kann.
kultur.west: Also sind Ihre Kinder dafür verantwortlich, dass Sie fit sind?
RIEBELING: Ohne meine Kinder wäre ich nicht ins Fitness-Studio gegangen. Man sieht das auch auf den Fotos, dass ich immer trainierter aussehe. Wenn die Kinder klein sind, sitzt man mit ihnen auf dem Boden, spielt mit ner Eisenbahn und macht Tut-Tut-Tut. Aber irgendwann werden andere Fähigkeiten abverlangt.
kultur.west: Werden Sie machmal von Leuten im Fitness-Studio erkannt? Heißt es schon mal: Guten Tag, Herr Jütte? Oder schauen die mehr Netflix?
RIEBELING: Ich bin wahrhaftig letztens von zwei jungen Männern angesprochen worden. Die sagten: »Hey, du bist doch der Papa von Moritz.« Als ich das bestätigt habe, sagte einer: »Ich möchte auch gern so einen Papa haben.« Das hat mich sehr berührt, weil die Rolle ja auch diverse Züge hat. Einmal sitze ich geschminkt herum, weil meine Serien-Tochter gerade so ein Hobby hat. Oder ich laufe eine Folge lang in ihrer pinken Jogginghose herum. Ich mag an dieser Rolle, dass sie auch ein anderes Männer- und Väterbild erzählt. Und dass das sogar im Fitnessstudio ankommt.
Zur Person
Roland Riebeling wurde 1978 in Essen als Sohn eines Kfz-Mechanikers und einer Friseurin geboren. Nach der Schauspielausbildung in Bochum war er viele Jahre am Schauspiel Bonn, Schauspiel Essen und am Bochumer Schauspielhaus fest engagiert. Parallel startete er seine Fernsehkarriere mit Comedy-Shows, Krimis und Kinderfernsehen. Seit acht Jahren spielt er im Kölner »Tatort« den Norbert Jütte. Riebeling inszeniert regelmäßig in Bonn, Wuppertal und Osnabrück. Er ist in verschiedenen Vereinen sozial engagiert und Mitglied im Bochumer Stadtensemble, das spontan Kultur in öffentliche Räume bringt.
Roland Riebeling auf der Bühne: 7. Dezember, »Der Kontrabass« von Patrick Süskind, 14. Dezember Martin McDonaghs »Der Kissenmann« (hier ein Szenenfoto), Theater Duisburg
Riebelings Inszenierung »Die Legende von Paul und Paula« läuft am 21. November und 26. Dezember im Schauspielhaus Bonn. Der Dauerbrenner »Istanbul« ist am 14. November im Schauspielhaus Bonn zu sehen.
Die Serie »Hot wo sell drugs online (fast)« läuft auf Netflix.






