Gründungs-Professor Sven Lindholm, selbst Performance-Theatermacher, war von Anfang an wichtig, dass der Studiengang für Proben und Aufführungen über Räume in der erweiterten Innenstadt verfügt. Zum Start war er noch unter dem Audimax der Uni untergebracht, in Räumlichkeiten, die einem alten Swimmingpool glichen. »Ich habe schnell gesagt: Wir müssen in der Stadt sein«, so Lindholm. »Wir brauchen die Auseinandersetzung mit der Gesellschaft. Ein schwarzer Raum, in dem eine eigene Welt kreiert wird, passt nicht zu uns.«
Nach fünf Jahren im Tor 5 unweit der Jahrhunderthalle sind die Szenischen Forscher jetzt in das Gebäude Blue Square direkt an der Fußgängerzone gezogen, wo sie gleich drei Etagen einnehmen. Dies ist auch Hauptort des Festivals, bei dem über 20 Performances und Installationen, Filme und Hörstücke, Workshops, Gesprächsrunden, Konzerte und Partys von Studierenden, Absolvent*innen, Lehrenden und prominenten Gästen zu erleben sind. Die Organisation lag bei den Studierenden, der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei.
Zu den vertretenen, in Bochum gegründeten Gruppen gehören Kollektiv Zoo, dorisdean, MFK Bochum und Çakey Blond. MFK Bochum haben Spannendes vor und entführen in den Stadtraum: Treffpunkt für ihre Performance »Sonic Highway« ist die Straßenbahnhaltestelle Goldhammer Straße. Von dort aus geht es zum Autobahndreieck Bochum-West, wo die Gruppe versucht, mit dem Lärm kreativ umzugehen. Der Walk führt auch zur berüchtigten Aussichts-Plattform auf den Autobahnknoten. Danach geht es zur Eröffnung des Festivals.
Workshop mit Rimini Protokoll
Prominentester Gast ist das Regieteam Rimini Protokoll, das auf Grundlage seines Stücks »Konferenz der Abwesenden« einen Workshop zum Thema Telepräsenz anbietet – und eine Präsentation vor Publikum. »Unser Studiengang ist Christoph Schlingensief sehr verbunden«, sagt Sven Lindholm, »seine Witwe Aino Laberenz wird kommen und auch zur Eröffnung sprechen.« Außerdem erwartet er Holger Bergmann vom Fonds Darstellende Künste aus Berlin.
Vielleicht zeigt dieser Auflauf wichtiger Akteur*innen auch der Kulturlandschaft in Bochum, welche Relevanz die Szenische Forschung überregional hat. In der Theaterszene hier existiert nämlich nach wie vor die merkwürdige Situation, dass die Studierenden oder aus dem Studiengang hervorgegangenen Gruppen nur in den eigenen Räumen oder den Rottstr5-Kunsthallen spielen. Die Freie-Szene-Häuser Rottstr5-Theater und Prinz-Regent-Theater interessieren sich nicht für aktuelle Ästhetik. Und Schauspielhaus und Ruhrtriennale laden lieber Performance-Künstler von anderswo ein.
So muss man ins FFT Düsseldorf, den Ringlokschuppen Mülheim an der Ruhr oder ins Pumpenhaus Münster fahren, um zu sehen, was die Szenischen Forscher*innen können. Oder eben zum Festival in Bochum, das einfach nur heißt: »10 Jahre Szenische Forschung – Ein Jubiläum«.
21. bis 24. Juli
Bochum Innenstadt