Wir wollen nicht vom Kino ablenken, sondern zum Kino hinlenken, zu dem, was es war und – wieder – ist. Bereits zum 45. Mal stellen wir einen Klassiker des deutschen und internationalen Films vor, der nicht immer zum Kanon gehört, aber eine Rarität und Kostbarkeit ist. Bei einem der Anbieter lassen sie sich ausleihen, als DVD kaufen, zur Not bei YouTube besichtigen. Nur Netflix-Serien zu schauen, verengt den Blick.
Der Film könnte ebenso gut auch anders heißen: David und Rosalie oder, noch treffender, César und David. Denn beinahe ist er eine Paraphrase auf Truffauts Dreiecksbeziehung »Jules et Jim«, die zehn Jahre früher, 1962, entstanden ist. Nur Franzosen können Liebesfilme wie diesen drehen, federleicht und doch schwer von Gewicht, das den Dingen des Lebens anhaftet. Einer ihrer Meister ist Claude Sautet, und seine vielleicht wichtigste Tat war es, in der aus Deutschland / Österreich nach Frankreich nahezu geflüchteten Romy Schneider die künstlerische Reife zu erkennen, die sie bis zu ihrem Tod 1982 zur größten Filmschauspielerin ihrer Wahlheimat, wenn nicht Europas gemacht hat.
Stoff einer Shakespeare-Komödie, in deren Heiterkeit immer auch der Abgrund des Scheiterns und der Schatten des Verlusts drohen. Das Glück ist nur eine Momentaufnahme, passager und flüchtig, die Trennung erwartbar.
Das Lächeln der Romy Schneider
Rosalie bildet die Mitte – das Herz – dieser Geschichte. Und ist schließlich die ausgeschlossene Dritte. Gibt es einen tieferen und schöneren Ausdruck als das Lächeln der Romy Schneider als Rosalie am Ende der Geschichte, wenn sie von draußen hinter den Fenstern des Hauses ihre beiden Männer und Freunde fürs Leben beisammensitzen, essen und plaudern sieht? Einverständig ist dieses Lächeln, beglückt, wissend – und zukunftshaltig.
Zwei antagonistische Charaktere: César (Yves Montand), der flotte, etwas zu laute, etwas gangsterhaft gewöhnliche, hemdsärmelige Selfmademan und Schwerenöter, der einen lukrativen Schrotthandel großen Stils betreibt, öfter über die Stränge schlägt, aber Charme und Witz hat; und der sensible, auf sich selbst bezogene, wortkarge, charismatisch attraktive David (Sami Frey), ein Grafikdesigner, der nach langer Abwesenheit im Ausland zurückkehrt und Rosalie bei der zweiten Hochzeit ihrer Mutter wiedertrifft. César ahnt sofort den Rivalen, den er zunächst mit seinen gewohnten Tricks – auch mit seiner Großzügigkeit – zu vereinnahmen sucht.
In seiner Rage zertrümmert César dann aber die Atelierräume von David und schlägt wie wild um sich. Um schnell klein beizugeben und bußfertig zu sein. Während Rosalie mit ihrer Mutter, den Geschwistern und dem gesamten Anhang plus David an die Atlantikküste aufbricht, kauft César kurzerhand das Ferienhaus auf der Île de Ré, in dem Rosalie und ihre Familie immer schon den Urlaub verbracht haben, und reist ihnen hinterher. Die impressionistischen Szenen dieser beinahe schon herbstlichen Sommertage riechen nach Salz und Wind und von Verantwortung losgelöster Freiheit.
Es ist weniger amouröse Verwirrung, in die die unabhängig fühlende und lebende Rosalie gerät, als mehr Unentschiedenheit, sich für eines der beiden männlichen Prinzipien zu entscheiden, sich womöglich überhaupt für einen Mann zu entscheiden, während sie mit leisem Spott auf Typen wie diese und auf sich selbst zu blicken scheint. Alle wesentlichen Figuren, die Romy Schneider auf der Leinwand verkörpert hat – darunter die Kaiserin Elisabeth bei Visconti und die Nadine Chevalier in Zulawskis »Nachtblende« – haben vor dieser Frauen-Frage gestanden. Und der Mensch Romy Schneider selbst auch.