Mit Büchern lässt es sich am einfachsten verreisen. Klingt verdächtig nach Kalenderspruch oder Wand-Tattoo, ist aber eine Erkenntnis, die viele Literaturliebhaber*innen im letzten Jahr gewonnen haben. Geschlossene Grenzen verhinderten zeitweise den kurzen oder langen Trip zu den westlichen Nachbarn, an Lesungen war nur sehr eingeschränkt zu denken. Da das Leben bekanntlich keine Zoom-Konferenz ist, gibt es in Sachen Lesungen einiges nachzuholen.
Etwa beim Literarischen Sommer – seit 22 Jahren erkundet das zweisprachige Festival die gegenwärtige deutsche, niederländische und flämische Literaturlandschaft. In diesem Jahr sind 50 Veranstaltungen in 20 Städten auf beiden Seiten des Rheins, vom Niederrhein bis in die Niederlande, geplant. Wie immer eine gute Gelegenheit, beim gegenseitigen Besuch Städte, neue Bücher und Autor*innen zu entdecken, die man bisher vielleicht nicht auf der Karte hatte. Auf dem Programm stehen klassische Lesungen, zweisprachige Formate mit Autor*innen und deren Übersetzer*innen sowie literarische Spaziergänge. Belletristik und Poesie, die Neu-Erscheinungen von Bestseller-Autor*innen oder frische Debütromane. Auch wenn die meisten Veranstaltungen live vor Publikum stattfinden sollen, sind einige von ihnen als Online-Formate angekündigt.
Wie etwa der Auftakt mit dem niederländischen Schriftsteller Arnon Grünberg, der in der Stadtteilbibliothek Rheydt aus seinem Roman »Besetzte Gebiete« liest. Dana von Suffrin kommt mit ihrem Debüt »Otto« ins Aachener Grashaus, das liebevoll und mit schwarzem Humor von einem jüdischen, starrköpfigen Patriarchen erzählt, der zum Pflegefall wird. In einem zweisprachigen Online-Gespräch treffen Petra Reski und Ilja Leonard Pfeijffer aufeinander und unterhalten sich über ihre so unterschiedlichen Venedigbücher – ein Essay und ein Roman.
Die Belgierin Charlotte van den Broeck liest auf dem Säulengelände auf dem Aachener Lousberg und in der Stadtbibliothek Neuss aus ihrem Buch »Wagnisse«, das von 13 tragischen und gescheiterten Bauwerken und deren Schöpfern erzählt. Direkt mit zwei Terminen wird »Trimaran«, das zweisprachige Lyrikmagazin für Deutschland, Flandern und die Niederlande, in Düsseldorf und Aachen vorgestellt. Benannt ist es nach dem Boot mit den drei parallelen Rümpfen; jedes Heft beleuchtet die Werke zweier Lyriker*innen und deren Arbeitsprozesse – im Heine Haus treffen etwa Maria Barnas und Sonja vom Brocke aufeinander.
Desweiteren liest Dmitrij Kapitelman in Kerkrade und Aachen aus seinem Roman »Eine Formalie in Kiew«, Shida Bazyar kommt mit »Drei Kameraden« nach Düsseldorf, Mönchengladbach und Margraten und natürlich wird auch traditionell wieder aus J.J. Voskuils Monumentalroman »Das Büro« gelesen – diesmal ist der sechste Band an der Reihe. Außerdem geht es wieder an die frische Luft. Maren Jungclaus führt mit einem literarischen und einem Krimi-Spaziergang durch Düsseldorf. Mit Bettina Baltschev kann man sich auf die Spuren der Exilliteratur durch Amsterdam begeben.
6. Juli bis 4. September 2021