Bis in die 1950er Jahre galten Kriminalromane als Schundliteratur. Dabei ist ihr Leserkreis fast so groß wie die Anzahl an Schauplätzen – gemordet, erpresst und gegaunert wird heute von Australien, Südafrika und Schweden bis nach Frankfurt, Fulda oder Sylt. Dass sich Krimis auch fruchtbar in literaturwissenschaftlichen Untersuchungen erschließen lassen, davon zeugt seit über 50 Jahren Jochen Vogts Auseinandersetzung mit dem Genre. Er war Professor an der Universität Duisburg-Essen, veröffentlicht regelmäßig Krimi-Rezensionen in Zeitungen und Zeitschriften und ist Mitglied der Jury der monatlichen Krimi-Bestenliste.
Seine Essaysammlung »Schema und Variation. 13 Versuche zum Kriminalroman« blickt nun wissenschaftlich, feuilletonistisch und vor allem unterhaltsam auf das Thema. Los geht es mit einer Geschichte des Genres von Friedrich Schiller bis Ferdinand von Schirach. Der Krimi hat sich demzufolge seit Mitte des 19. Jahrhunderts von der Detektivgeschichte zu einem Transporter für die unterschiedlichsten Ladungen entwickelt – er ist zu einem Allzweckgenre geworden, bis zur Hochliteratur. Oder um mit Vogt selbst zu sprechen: »Der Krimi kann (fast) alles.« Das Buch öffnet nicht nur den Blick auf die verschiedenen Traditionslinien, sondern zeigt auf, dass sich selbst Schriftsteller und Philosophen wie Ernst Bloch, Bertolt Brecht, Walter Benjamin oder Siegfried Kracauer mit dem Genre auseinandersetzten. Vor allem ist der Band eine Fundgrube für alle Krimi-Liebhaber*innen: Er erschließt Historisches wie Aktuelles von George Simenon, Henning Mankel oder Robert Wilson bis zu Ian Ranking, Patricia Highsmith oder John le Carré.
Jochen Vogt: Schema und Variation, 13 Versuche zum Kriminalroman, 376 Seiten, Wehrhahn Verlag, 29,50 Euro