Mit »sehr, sehr kitschigen Gedichten« fing alles an, so sagt es Michael Fetter Nathansky heute. Als er elf Jahre alt war, begann er zu schreiben – täglich. Später las er einen kleinen Hinweis im Kölner Stadt-Anzeiger über die Kölner Schreibschule für Jugendliche und bewarb sich. »Die haben mich nicht wegen der Qualität genommen, sondern wegen der Quantität«, amüsiert er sich. Die Kölner Schreibschule war auch der Ort, an dem sich sein Schreiben zu Dialogen und Szenen hin entwickelte und wo er begann, über Film nachzudenken.
Dem damaligen – inzwischen verstorbenen – Leiter, Dieter Bongartz, ist Michael Fetter Nathansky noch heute dankbar, denn er gab ihm den Tipp, sich an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf zu bewerben, wo er von 2013 bis 2021 studierte. »Ich habe mich für Drehbuch und Regie beworben, hatte aber keine Ahnung, was Regie eigentlich ist.« Und fügt dann mit einem Augenzwinkern hinzu: »Ich weiß es immer noch nicht so richtig.«
Beeindruckend lang ist schon jetzt die Liste der Filme, an denen er als Drehbuchautor oder Regisseur mitgewirkt hat, noch beeindruckender die Liste der Auszeichnungen und Festivaleinladungen: So feierte »Gabi« 2017 in der Sektion »Perspektive Deutsches Kino« auf der Berlinale Premiere und erhielt unter anderem den Deutschen Kurzfilmpreis. Gisa Flake spielt eine Fliesenlegerin, die beginnt, alltägliche Situationen in ihrem Leben zu inszenieren und in verschiedenen Gefühlslagen durchzuspielen. Ebenfalls 2017 erhielt Michael Fetter Nathansky den Nachwuchsförderpreis des Landes NRW. Diverse Auszeichnungen gab es auch für den Spielfilm »Sag du es mir« von 2019, in dem es um die von einer Brücke gestoßene Silke geht. In drei Episoden wird jeweils die Sicht der drei Protagonist*innen auf das Ereignis dargestellt – was die Wahrheit ist, bleibt aber offen. Sein jüngster Spielfilm »Alle die du bist« wurde dieses Jahr in die Sektion Panorama der Berlinale eingeladen. »Ich will, dass es mir gar nicht so wichtig ist und suche einen gesunden Umgang damit«, blickt Nathansky mit gemischten Gefühlen auf die Ehrungen, »man darf sich nicht davon abhängig machen«.
Obwohl Michael Fetter Nathansky jetzt in Berlin lebt, ist Köln in seinem Leben und seiner Arbeit immer noch sehr präsent. 1993 wurde er hier geboren, verbrachte seine Kindheit im Kölner Süden, mit einer Unterbrechung von vier Jahren, in denen die Familie in Madrid lebte. »Alle die du bist« spielt im Kölner Umland, der Film wurde hier gedreht und auch die Postproduktion hat in Köln stattgefunden. Ein Jahr hat Nathansky dafür in Köln verbracht und die Orte seiner Kindheit eingebaut.
»Wir haben auch in Sürth am Rheinufer gedreht, genau dort wo ich als Kind immer gespielt habe.«
Michael Fetter Nathansky
Michael Fetter Nathansky hat – wie immer – nicht nur Regie geführt, sondern auch das Drehbuch geschrieben, denn die Geschichte zu entwickeln sieht er nach wie vor als seinen Schwerpunkt. In dem intensiven Film mit magischen Elementen spielt Aenne Schwarz die Arbeiterin Nadine bei einem Zulieferer der Braunkohleindustrie, deren Liebe zu ihrem Mann Paul (Carlo Ljubek) schwindet. Verzweifelt stemmt sich die Kämpferin Nadine gegen den Verlust der Liebe genauso wie gegen den drohenden Verlust der Arbeitsplätze im Betrieb. »Inhaltlich ging es mir darum, einen Ort zu finden, der Nadines innere Entwicklung spiegelt«, so Nathansky zur Folie des Kohleausstiegs. Aber auch rein visuell musste es die Braunkohleregion sein: »Ich habe als Kind immer Fußball gespielt wo der Film spielt, diese Fabriklandschaften haben mich total fasziniert.«
Das Politische war aber nicht der Ausgangspunkt der Geschichte, sondern die Frage, was ein liebender Blick auf Menschen sei und wie man ihn sich bewahren könne. Es gebe nicht die große Mission, betont Michael Fetter Nathansky, sondern er wähle Fragen, die ihn berühren und denen er dann filmisch nachgehe. Die Ideen scheinen ihm nicht auszugehen: »Es gibt immer so viele Ausgangspunkte«, meint er, »aber dann gibt es einen Moment, da merkt man: Das ist jetzt eine Idee und die wird mich nicht mehr loslassen.«
Name: Michael Fetter Nathansky
Alter: 30
Wohnort: Berlin
Beruf: Drehbuchautor und Regisseur
Künftige Projekte: »Alle die du bist« kommt am 4. April in die Kinos.