Hätte der Autor Julian Huxley 1927 geahnt, was seine Science-Fiction-Geschichte »The Tissue-Culture-King« in den kommenden Jahrzehnten politisch und vor allem ästhetisch auslösen würde, so hätte der bekennende Atheist und Bruder von Aldous sein Werk bestimmt flugs überarbeitet. Dort wurde das Konzept des Alu-Hutes erstmals erwähnt: Ein Mann entdeckt, dass Kopfbedeckungen aus mehreren Lagen Metallfolie telepathische Wellen blockieren. Glaubt man den Trägern des metallenen Kopfschmucks, würden unsere Hirne ohne solche Schutzmaßnahmen durch gefährliche Strahlung mikrowellengleich gegrillt. Oder sie würden direkt dekorativ aufplatzen wie bei den lustigen Alien-Jungs in »Mars Attacks« (wobei dort eine Country-Schnulze von Slim Whitman der Auslöser ist).
Heute ist der Alu-Hut ein visuelles und zugleich metaphorisches Erkennungszeichen für paranoide Verschwörungstheoretiker*innen, die meinen, sich damit vor beeinflussenden Strahlen düsterer Regierungsorganisationen oder feindlich gesinnten Außerirdischen, die die Erde unterwerfen wollen, schützen zu können. Küchenzubehör gegen Hochtechnologie – da muss man erst mal drauf kommen. Vorteil: Auch Paranoiker*innen mit schmalem Geldbeutel können sich einen solchen Alu-Hut als günstige Schutzmaßnahme aus dem Drogeriemarkt leisten. Zuhause wird dann die Bahn Alufolie mehrfach um den Kopf geschlungen und an Form und Umfang so lange herum modelliert, bis man danach aussieht wie eine Dönertasche zum Mitnehmen. Je nach Geschmack kann man aus der Folie Krempen an den Ohren formen oder einen zwergenhaften Zipfel, der an einen Blitzableiter erinnert. Dass mit dem offenen Gesicht ein Drittel des Kopfes frei bleibt, scheint nicht weiter zu stören.
Wissenschaftliche Versuche haben ergeben, dass ein Alu-Hut tatsächlich Strahlung einschränken kann, wenn die Schicht dick genug ist. Etwa ionisierende Alpha-Strahlung, die bei radioaktivem Zerfall auftritt, oder harmlose Handy- oder Radiowellen. Gegen herbeifantasierte, gedankenmanipulierende Strahlengewitter würde er nicht helfen. Eine modische Schönheit ist der Alu-Hut gemeinhin nicht – und Alternativen zum Material sind rar gesät. Man könnte es mit den rascheligen Rettungsdecken aus dem Notfallkasten probieren; so trüge man an Festtagen zur Abwechslung einen golden schimmernden Alu-Hut. Noch alberner wäre das Aufsetzen von beschichteten Kühltüten, wie man sie im Supermarkt in der Nähe der TK-Pizzen findet.
Möchte man weg vom Alu-Hut als Kopfbedeckung, sollte man es machen wie Chuck, der Bruder des Anwalts James McGill aus der Serie »Better Call Saul«. Dieser fürchtet sich vor elektromagnetischer Strahlung und lebt deshalb verschanzt in einem lichtlosen, komplett mit Aluminiumfolie ausgekleideten Haus. Das wäre vielleicht eine Idee für eine neue Möbel- und Designserie bei IKEA mit Vorhängen, Sofas, Schränken, Teppichen und Bettwäsche aus Aluminium: »Strähløng«. Schließlich wollen es auch Verschwörungstheoretiker*innen nach Feierabend hübsch lauschig haben.