Diesmal: die Bundeskegelbahn
Stimmt schon – Bowlingbahnen waren immer etwas cooler. Nicht nur durch die meist chromglitzernde Pastellfarbigkeit der 50er Jahre und die Tatsache, dass sich die Bowlingkugeln durch ihre Grifflöcher weitaus lässiger in die Bahn werfen lassen. Auch in der Popkultur hat die Bowlingbahn ihre Spuren hinterlassen – als Ort kleiner Siege vermeintlicher Verlierertypen wie Al Bundy, Jeffrey »The Dude« Lebowski oder Homer Simpson. Die Bundeskegelbahn kann da nicht mithalten – in Deutschland vermutet man eher Alfred Tetzlaff und Horst Schlämmer in ihrem Dunstkreis, oder Rocko Schamoni, falls er mal wieder, wie in »Fleisch ist mein Gemüse«, den Schützenkönig spielen sollte.
Mit der Bundeskegelbahn verhält es sich wie mit Beilagensalaten in gutbürgerlichen Lokalen – auch wenn sie schon lange nicht mehr im eigenen Alltag vorkommen, ist es doch schön, dass es so was noch gibt. Allein die Bezeichnung »Bundeskegelbahn«, oft mit Ausrufezeichen hinter Fraktur-Schriftzügen wie »Haus Hubertus« oder »Alt Wattenscheid« gepinselt, verspricht Autorität und sorgt für seliges Retroflimmern in der Magengegend. Braunmetallicfarbene Kässbohrer-Reisebusse tauchen vor dem geistigen Auge auf, denen überfröhliche Herrschaften auf Kegeltour entsteigen; fernes Grollen aus dem Keller, gefolgt von einem dumpfen Rummsen und Kollern, wenn die Kegel gefallen waren; Landgaststättenromantik zwischen Getreidegesteck und Herrengedeck.
Dabei ist die Bundeskegelbahn nichts anderes als ein Qualitätssiegel, das die Disziplinverbände des Deutschen Kegler- und Bowlingbundes (DKB) durch Sachverständige vergeben, um einen einheitlichen Standard beim Turnierbetrieb oder Wettkämpfen zu gewährleisten. Dazu gehören nicht nur die verbauten Materialien, Technik und Steuerung, sondern auch das Vorhandensein von Umkleiden, Duschen und Erste Hilfe-Raum. Allein die »Technischen Vorschriften Ninepin Classic« des DKB umfassen 60 Seiten. Ein Design-Manual für Innenausstatter ist das aber nicht. Auch wenn es längst lichtdurchflutete Kegelbahnen mit Flachbildschirmen, Discokugel und Burger-Karte gibt – wenn schon Bundeskegelbahn, dann als von Neonröhren erhellter und mit dunklem Holz vertäfelter Schlauch im Keller von »Bei Uschi«.
Mit grünlichem Linoleumboden, auf dem es immer ein bisschen nach Turnhalle riecht. Mit dem Tisch voller Kratzer der vergangenen Jahrzehnte. Mit dem Regalsims für die kleinen Pokale und Wimpel. Mit Kegelclubnamen wie »KC Fuselcombo« oder »Die Hobbypumpen«. Mit einem gespannten Gummiseil mit Glöckchen, das hell klingelt. Dem Krachen und Knirschen, wenn die abgegriffenen Kugeln hinter der Wand auf die rechte Rücklaufbahn befördert werden, um träge wieder nach vorne zu rollen. Mit angeweichten Bierdeckeln und Tischdecken mit Karo-Muster. Mit der schludrig geputzten Kreidetafel, auf der noch die Erfolge des vergangenen Kegelabends zu erahnen sind. Und natürlich mit Karlheinz, Inge, Günther und Andrea.