Wenn ein Buch es verdient hätte, mit Ohropax ausgeliefert zu werden, dann dieses: Kathrin Rögglas neuer Roman »die alarmbereiten«. Denn die österreichische Schriftstellerin konfrontiert ihre Leser gern mit dem, was man sonst zu überhören versucht ist; mit diesem nicht abzustellenden Hintergrundrauschen unseres Lebens, mit rhetorisch aufgeschwemmten Belanglosigkeiten, kommunikativen Platzhaltern und Zeitgeistparolen. Wie kaum eine andere deutschsprachige Autorin versteht Kathrin Röggla es, der Gegenwart durch sprachliche Mimikry ihren Sound abzulauschen. Sie horcht Milieus ab, sondiert Befindlichkeiten, registriert und verdichtet. Und das im Dienste der Kritik.
In »die alarmbereiten« ist es eine Gesellschaft in alltäglicher Dauererregung, die Kathrin Röggla zur Kenntlichkeit entstellt. Mal schraubt sie sich in das Bewusstsein einer besorgten Ich-Erzählerin hinein, dann wieder konzentriert sie die Panik-Plaudereien einer Call-In-Sendung im Radio oder misst den »fachwörterpegelstand« der Medien. Man meint es zu kennen, dieses Gerede über Weltuntergangsszenarien und Ansteckungswahrscheinlichkeiten und hört hier doch noch einmal ganz aufmerksam hin – um dann noch weniger zu verstehen als sonst. Rögglas unaufhörlich fließenden Konjunktiv-Kaskaden indirekter Rede wollen keinen Halt bieten. Die Bedrohungslage ist diffus und die eigentliche Katastrophe das ebenso überreizte wie sinnentleerte Sprechen über sie. Handwerklich ist das hoch virtuos und weiß auch analytisch zu gefallen, zugleich läuft Rögglas Verfahren aber immer auch Gefahr, sich stilistisch zu infizieren. Konkret: Irgendwann nervt es gewaltig. Aber das soll es ja auch.
Kathrin Röggla, »die alarmbereiten«, Roman, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2010, 189 S., 18,95 €