k.west: Welches Spiel haben Sie als Kind am liebsten gezockt?
Bieber: Ich hatte relativ früh einen PC; mein Lieblingsspiel war damals »Civilisation«. Da war ich noch in der Schule und meine Mutter ermahnte mich, nicht mehr als eine Stunde zu zocken. Trotzdem ging das oft bis tief in die Nacht. Irgendwann kam dann die Konsolen-Zeit, und mit ihr die Super-Nintendo-Phase. Ich hatte einen Adapter, an den man vier Controler anschließen und so auf dem Fernseher spielen konnte. Ich war eher der Typ, der sich mit ein paar Freunden zum Zocken traf. Viele davon sind dabei geblieben und spielen heute im Netz mit Hunderten anderen. Das hat mich nie so richtig gefesselt – und mit Job und Familie hatte ich irgendwann auch immer weniger Zeit. Aber ich freue mich darauf, wenn meine Kinder älter sind, mit ihnen an der Konsole zu spielen.
k.west: Wie wirkt sich diese Vergangenheit auf Ihre Arbeit im NRW-Forum und an »Next Level« aus?
Bieber: Ich spiele nicht mehr aktiv, bin aber weiterhin fasziniert von den kulturellen Aspekten des Spielens und von den technischen Möglichkeiten, die sich immer fortentwickeln. Auf der diesjährigen Messe »Gamescom« habe ich gesehen, wie weit die Spiele-Industrie im Vergleich zur Kulturbranche in Sachen Virtual Reality schon ist. Das ist ein spannendes Feld, wo wir auch für den Kulturbereich einiges lernen können. Wir arbeiten hier im Haus an einem digitalen Erweiterungsbau, der als VR-Projekt kommen soll. Ab dem nächsten Jahr kann man sich im Obergeschoss eine VR-Brille aufsetzen und sich durch einen virtuellen Ausstellungsraum mit virtuellen Kunstwerken bewegen. Bei »Next Level« wird Virtual Reality ein großes Thema sein, gerade im Hinblick auf die Bedeutung für die Bereiche Kulturelle Bildung, Games und Wirtschaft.
k.west: Nach Dortmund und Köln ist das NRW-Forum drei Jahre lang Spielort für »Next Level«. Sie hatten sich schon 2015 mit der digitalen Kultur beschäftigt – ist das Festival am passenden Ort angekommen?
Bieber: Die Positionierung, an der wir jetzt anderthalb Jahre arbeiten, ist neben der Fotografie, dem Design und der Architektur immer mehr die zeitgenössische Pop- und Digitalkultur. Mit Ausstellungsprojekten und Veranstaltungen wie dem »Internetstadl« haben wir deutlich gemacht, dass wir in Düsseldorf zentrale Anlaufstelle für digitale Kultur werden wollen. »Next Level« passt perfekt zu uns; es ist genau das, was wir machen wollen. Weil es eben die vielen Schnittstellen zu Kunst, Kultur, Bildung und Wirtschaft gibt.
k.west: Sie betreiben mit »Next Level« bewusst keine Musealisierung der Game-Kultur.
Bieber: Richtig, der partizipative Teil ist sehr wichtig. Während man bei Konferenzen über die Gaming-Kultur nur spricht, soll bei »Next Level« das aktive Mitmachen im Vordergrund stehen. Natürlich ist das Ganze auch ein relevanter Wirtschaftsfaktor, aber vor allem spielt man, weil’s Spaß macht. Deshalb ist das keine klassische Ausstellung, stattdessen gibt es neben Installationen viele partizipative Formate mit internationaler Ausrichtung. Ich arbeite selber mit dem französischen Künstler Antonin Fourenau an »ENIAROF«, das ist ein spielbarer Parcours mit einem Headbanging-Simulator und Regenschirm-Shooter. Bei einem Workshop können die Teilnehmer selber Arcade-Maschinen bauen, die dann Teil des Parcours werden.
k.west: Man kann nicht nur spielen, sondern auch Games selber entwickeln?
Bieber: Das ist das Format »Game-Jam«, das wir gemeinsam mit dem Spielehersteller »Ubisoft« machen; da werden 20 Teilnehmer Tag und Nacht über den Zeitraum des Festivals dran arbeiten. Gemeinsam basteln, coden und entwickeln, bis am Ende ein Spiel herauskommt. Das geht eher in Richtung eines Labors, wo man sich mit Spielemechanik beschäftigen und eigene Ideen entwickeln kann. Die Idee ist, dass die Leute ein fertiges Spiel erarbeiten und präsentieren. Vielleicht kann man ein paar neue Talente auftun, das wäre echte Nachwuchsförderung.
k.west: Es sollen also nicht nur Nerds kommen?
Bieber: Klischees von den pickligen Nerds und den Ballerspielen gibt es zwar noch immer, aber inzwischen sollte auch der letzte gemerkt haben, dass das Gaming eine Kultur ist, die von unglaublich viel Kreativität getragen wird. Deswegen soll »Next Level« ein Festival für die ganze Familie sein. Für den Nachwuchs ab fünf Jahren gibt es »Dadaboom«, eine Art spielbare Kinderdisco, dort machen französische Künstler einen Workshop mit Kindern, an dessen Finale ein Auftritt mit DJs und Visuals steht. »Game-Jam« ist ein Format für Studenten; und die Älteren interessieren sich sicher für das VR-Musikexperiment mit klassischer Musik von Beethoven im 360 Grad-Format. Wir versuchen, ein anderes Publikum anzusprechen. Es soll keine reine Nerd- und Geekveranstaltung werden.