Die »Sex Now«-Ausstellung im Düsseldorfer NRW-Forum ist bunt, explizit und sexy – und keine bloße Effekthascherei. Bis 3. Mai regieren hier Dildos, Analplugs und stolze Vulven. Eintritt ist ab 18 Jahren.
Die »Sex Now«-Ausstellung ist alles andere als subtil. Sie ist laut, frech und provokativ – aber nicht nur. Denn wo Sex zum Thema wird, darf auch seine politische Dimension nicht fehlen. Und so wird der Besuch im Düsseldorfer NRW-Forum zu einem informativen und intensiven Erlebnis in zehn thematischen Räumen mit rund 400 Objekten, darunter Illustrationen, Zeichnungen, Fotografien, Videos und Installationen.
Am Anfang steht die Vergangenheit: Unter dem Kapitelnamen #Sexpositivität nimmt die Ausstellung zunächst tradierte Rollenbilder und weibliche sowie queere Emanzipationen in den Blick und präsentiert dafür einen Querschnitt von Magazin-Covern: »So kriegt man einen Mann« lockt da etwa die Brigitte von 1959 mit den ultimativen Tipps und Tricks für die Single-Frau. Der Spiegel zeigte 1983 auf seinem ersten Titel zum Thema AIDS zwei mutmaßlich queere Männer – direkt daneben präsentiert die Ausstellung ein Plakat der Deutschen AIDS-Hilfe: »Mein Freund ist positiv – ich liebe ihn« steht darauf. Die Titelseiten rekonstruieren wandelnde Haltungen zu sexuellen Identitäten – von der Emma, über den Stern bis hin zu Parteiplakaten der Grünen und Die Partei (»Fickt euch doch alle«). Doch fällt die Konzentration auf die mediengeschichtliche Einordnung schwer, wenn vom eigentlichen Star des Raums plötzlich eine Fontäne losbricht: Denn dem gegenüber plätschert das Herzstück der Ausstellung vor sich hin: Die »Fleshie Fountain« (übersetzt: der fleischige Brunnen) der kanadischen Musikerin und Performerin Peaches. Überdimensionale wurstförmige Silikon-Sex-Toys spritzen aus ihren Vulven in regelmäßiger Taktung Wasserstrahlen. Auf der anderen Seite der pinken Silikonwürste strecken lustvolle Münder mit Zähnchen die Zungen heraus.
#Untenrum
Wer jetzt schon in Wallung geraten ist, kann sich in der #Fluffylibrary eine kleine Auszeit gönnen. Hier lädt eine Kuschellandschaft aus einer flauschig-fluffigen Figur, der geschlechtfluiden Fluffy, gespickt mit transfeministischer Literatur, zur angeregten Lektüre ein. Eine der interaktiven Stationen der Ausstellung, die der überraschend schon im November ausscheidende langjährige Künstlerische Leiter Alain Bieber mit Judith Winterhager kuratiert hat.
Von solchen Stationen gibt es einige – so etwa einen ASMR-Raum, in dem es flüstert, flutscht, klickt und raschelt. Oder eine kleine Schaumstoff-Oase hinter weißen Vorhängen, in die man sich hinlegen und über Kopfhörer erotischen Hörspielen von »Femtasy« lauschen kann. Das Thema #Untenrum wirft den Blick etwas genauer auf die primären Geschlechtsorgane und -identitäten. In der Vulva Galerie von Sam Hil Atalanta sehen wir Zeichnungen verschiedener Vulven, versehen mit Aussagen ihrer Besitzerinnen, die von Scham, verunsicherten Selbstbildern, aber auch Empowerment zeugen: »My vulva is beautiful no matter the amount of hair it has«, heißt es da etwa. Gegenüber der Vulvagalerie: eine Wand voller selbstbewusster Penisse. In der Gegenüberstellung der Geschlechtsorgane scheint bereits ein Machtgefälle mitzuschwingen. Und so wird auch der #MeToo-Bewegung ein eigener Raum gewidmet. Hier zu sehen ist unter anderem eine Videoaufnahme der Performancekünstlerin Deborah de Robertis, in der sie in einer Guerilla-Aktion Gemälde im Centre Pompidou Metz mit dem Schriftzug »Me Too« besprüht.
Besonders spicy wird es in den Themenräumen #SexualWellness und #Eroticissima, die sich Lust, Selbstfürsorge und der Zukunft von (digitalem) Sex widmen. Schonmal was vom Sumpfmonster-Silikon-Schuppen-Dildo gehört? Die Welt der Sextoys bringt uns weit über Beate Uhse hinaus – bis hin zu Dildos, die dem Auberginen-Emoji von WhatsApp nachempfunden sind und zu einer Folge »Sex and the City«, in der die sexpositive Samantha ein Massagegerät zur Masturbation nutzt. Und während man so an den Vibratoren-Vitrinen entlangflaniert, wummert der Beat: Derber Techno führt uns atmosphärisch in eine Kink-Szenerie ein, in der man den ein oder anderen Umschnallpenis anprobieren oder aber einen Fuchsschwanz-Analplug befühlen kann. »Schweiß hat uns einen Ort gegeben, so ne Art ultra-geilen Raum« raunt es aus dem Video »Schwitzen« von Matt Lambert. Und irgendwie passt alles zusammen in diesem »ultra-geilen« Raum, einem Kosmos, in dem sich manche schon voll Zuhause fühlen und andere eine ganz neue Welten entdecken.
»SEX NOW«, BIS 3. MAI 2026, NRW-FORUM, DÜSSELDORF