Sabine Seume wanderte zwischen den Welten – östlicher und westlicher. Geburt, Leben und Tod, also Metamorphose, waren die zentralen Themen ihrer Stücke. Es sind die Inhalte des japanischen Butoh. Die Wahl-Düsseldorferin liebte die Stille und die ästhetische Reduktion – aber auch die bunten Farben und Bilder. Beides prägt ihr Werk: einerseits waren da die beeindruckenden Soloarbeiten wie »Onnagata«, andererseits das fantasievolle Tanztheater für Kinder wie das preisgekrönte Stück »Seelenvogel«.
Seit bald zwei Jahren sind diese feinsinnigen und nachdenklichen Arbeiten aus der NRW-Tanzszene verschwunden. Von vielen unbemerkt, zur Hochzeit der Pandemie im April 2021, schied Sabine Seume freiwillig aus dem Leben. Die außergewöhnliche Veranstaltung »Tanz in Memoriam« nimmt nun ihren 60. Geburtstag am 11. Februar 2023 zum Anlass für eine kreative Auseinandersetzung mit dem Erbe: Eine ganztägige Busreise führt zu fünf künstlerischen Stationen ihres Lebens in Krefeld und Düsseldorf. Wobei Interessierte auch einzelne Stationen aufsuchen können. Der Eintritt ist frei, für Verpflegung ist gesorgt.
Seumes Team und ihre Erben haben sich gemeinsam mit dem Deutschen Tanzarchiv Köln Gedanken über den Verbleib des künstlerischen Nachlasses gemacht. Dieses lagert in einem Container. Noch – denn das Projekt »Tanz in Memoriam« ist der Beginn des Archivierungsprozesses ihrer Kulissen, Kostüme, Fotos, Videos und immaterieller Werte, die, sorgsam ausgewählt, Eingang in das Tanzarchiv finden sollen.
Es waren die sechs Jahre in Japan in der renommierten Butho-Company von Carlotta Ikeda, die Seume künstlerisch prägten. Die asiatische Ästhetik verband sich mit dem modernen Tanz, den sie zuvor an der Folkwang Universität der Künste unter Pina Bausch studiert hatte, zu ihrem ganz eigenen Stil.
Diesem auf der Spur, hält der Medienbus zunächst am Tanzhaus NRW. Hier wird zur Einstimmung eine Fotoausstellung der renommierten Tanzfotografin Ursula Kaufmann gezeigt. Anschließend geht es zur Fabrik Heeder nach Krefeld. Dort ist das Kinderstück »Stille« zu sehen. Über das Wiederbeleben einer ihrer Arbeiten wolle man in die Welt der gebürtigen Mülheimerin eintauchen, sagt ihr ehemaliger Dramaturg Andreas Simon. Wie überhaupt die ganze Tour geprägt ist von dem Erleben und Empfinden des Erbes. Der Titel des Kinderstücks sei bezeichnend: »Es ist eine Aussage, wenn man ein Kinderstück ‚Stille‘ nennt und nicht ‚Remmidemmi‘. Inhaltlich geht es um das Hören von Musik in der Stille.«
Auf dem Platz der Deutschen Einheit vor der Krefelder Fabrik Heeder findet eine Kostüm-Schau am Brunnen statt. Hier soll es nicht nur um das Ausstellen der historischen Ausstattung gehen. Die Reisenden dürfen selbst in ein Kostüm schlüpfen: Es ist ein Teil aus Jute, auf das die Choreografin Gras säte – und es spross. Das Rasen-Kostüm soll rekonstruiert werden.
Weiter geht es zum »Atelier Performative Künste« in Kaiserswerth. Hier wird die bewegte Rauminstallation mit dem Namen »Infinity« (2020) aufgebaut und begehbar gemacht. Dieses Werk ist Seumes letztes Tanzsolo. Die wortlose Meditation dreht sich um die Kreisläufe des Lebens und das System des Unendlichen. Das Publikum wird hier zum Akteur und bewegt sich innerhalb der Installation – ein Aktionsraum mit einer Aufhängung, an dem dünne Ketten befestigt sind. Sie bilden einen Kreislauf. Hier hat Seume die Frage nach der Ewigkeit für sich erarbeitet.
Zurück zum Weltkunstzimmer in Düsseldorf, gestalten die Beteiligten schließlich das Gesamtwerk »KollektivGedächtnis« – aus Erinnerung, bewegten Bildern und Musik.
Anmeldungen sind bei Andreas Simon (Telefon 0178/8 45 24 87
oder per Mail an teipel-simon@t-online.de möglich).
Treffpunkt: 11. Februar, 9.30 Uhr, Parkplatz Ronsdorferstraße/Weltkunstzimmer,
Düsseldorf